piwik no script img

Archiv-Artikel

SOUNDTRACK

Klare Vorbilder spielen in der Welt des Daniel Johnston eine wichtige Rolle. Superhelden etwa, allen voran Captain America. Eine klar aufgeteilte Welt, in der noch alles in Ordnung ist: auf der einen Seite die Guten, auf der anderen die Bösen. Und gewinnen tun immer die Guten. Ähnlich sieht es in der Seele des kalifornischen Kauzes aus, nur kann er sich nicht lange für eine Seite entscheiden: Der streng christlich erzogene Musiker und Künstler hat eine bipolare Störung, entweder ist er manisch oder depressiv. Entweder sitzt er in seinem Atelier – Johnston wohnt längst wieder bei seinen Eltern – und zeichnet merkwürdige Comicfiguren, oder er sitzt an seinem Klavier und setzt all die auswendig gelernten Songstrukturen der „Beatles“ neu zusammen. Was jedenfalls in der US-amerikanischen Künstler- und Indie-Szene seit Mitte der 80er als Ausdruck eines unverfälschten, authentischen Genies gilt und insofern Johnstons Karriere befördert hat, hat den 49-Jährigen indes auch immer gehindert: Seinen Plattenvertrag mit Atlantic hat er einst verloren, weil dem Label die Aussetzer nach dem euphorischen Absetzen der Medikamente zu bunt wurden. Aber seit ein paar Jahren ist Johnston ruhiger geworden. Und hat nun schon zum zweiten Mal genug Nerven für eine Tour durch Deutschland. „Beam Me Up!“ heißt das neue Album, auf dem Johnston seine Klassiker zum ersten Mal mit einer Band eingespielt hat, dem „B.E.A.M. Orchestra“. Das hat ihm offensichtlich gutgetan. Leichter, fast entspannt klingt das nun. Und wer weiß, vielleicht klappt es am Montag in der Fabrik mit dem Singen vor Fremden ja mal ganz ohne literweise Rotwein. Und sollte Johnston doch zu betrunken sein, sieht man sich einfach seine Zeichnungen an. Denn auch davon werden einige zu sehen sein. Mo, 12. 4., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36 Zumindest eine musikalische Bipolarität legen auch die Norweger Shining an den Tag, respektive die Nacht. Die waren einst reine Nu-Jazz-orientierte akustische Jazzer, unter anderem bei „Jaga Jazzist“, haben dann aber Metal, Prog-Rock und Klassik mit ins Boot genommen und versuchen nun, alles gemeinsam zum Kentern zu bringen. „Blackjazz“ heißt das fünfte Album: extremer, vertrackter, experimenteller Jazz-Metal, produziert von Sean Beavan, der schon für „NIN“ und „Marilyn Manson“ gearbeitet hat. So, 11. 4., 21.30 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84 ROBERT MATTHIES