Faule Statistik für den Feldversuch

KRIMINALITÄTSBEKÄMPFUNG „Rückgang um bis zu 80 Prozent“: Mit grandiosen Erfolgsmeldungen warb die Bremer Polizei für ein Experiment mit „künstlicher DNA“. Tatsächlich sind die Erfolge kaum zu beziffern

„Wir nutzen neue technische Möglichkeiten für mehr Sicherheit“

INNENSENATOR ULRICH MÄURER

Die Zahl war imponierend: „Um bis zu 80 Prozent“ sei die Kriminalität „in bestimmten Deliktsfeldern“ in Großbritannien zurückgegangen – dank des Einsatzes „künstlicher DNA“. So warb die Bremer Innenbehörde letztes Jahr für ihren bundesweit einmaligen Feldversuch.

An alle Schulen und 1.000 Haushalte wurden kostenlose „DNA-Kits“ mit der unsichtbaren Markerflüssigkeit verteilt. Mit der sonst von einer privaten Firma für über 100 Euro angebotenen „DNA“ sollten Computer oder Fahrräder eingepinselt werden. In einer Datenbank wurde der „DNA-Code“ jeder Charge und die damit markierten Besitztümer gespeichert. Seither hängen in den Straßen der Testhaushalte große Warnschilder.

„Wir wollen uns nicht mit der hohen Zahl von Einbrüchen abfinden, sondern nutzen neue technische Möglichkeiten für mehr Sicherheit,“ sagte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) – und verwies auf die Erfolge in England. Doch die wohl von den Herstellern stammenden Vergleichszahlen waren offenbar drastisch übertrieben, berichtete Die Zeit. Man habe selbst Recherchen in Großbritannien angestellt, sagt Günter Wiechert, bei der Bremer Polizei für das DNA-Projekt zuständig. Er hat Zahlen aus den DNA-Testbezirken Mansfield und Oldham beschafft. Dort sind die Fälle von Diebstahl bzw. Einbrüchen zwischen 2002 und 2005 um 42 beziehungsweise 43 Prozent zurückgegangen – deutlich weniger, als die kolportierten Werte von 80 Prozent.

„Obwohl die Öffentlichkeit das Gegenteil glaubt, geht die Zahl der Wohnungseinbrüche stetig zurück“, sagt Christian Pfeiffer vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen. In den jeweils letzten zehn Jahren läge der Rückgang in Deutschland kontinuierlich bei etwa 40 Prozent. „In Großbritannien ist es nicht ganz so stark ausgeprägt, aber die Tendenz ist dieselbe.“ So seien die von der Polizei präsentierten Zahlen „nichts Besonderes“, urteilt Pfeiffer.

Auch Wiechers sagt, dass die Kriminalität „generell gesunken“ sei. So sei „nicht auszuschließen“, dass die Referenzen für das Pilotprojekt zu hoch gegeriffen waren. Trotzdem verspreche sich die Polizei viel von dem „DNA“-Test. Ende des Jahres wird entschieden, ob die Technik dauerhaft eingesetzt wird. CJA