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Archiv-Artikel

Obama will den Krieg im Konsens

USA Der US-Präsident ersucht den Kongress um Zustimmung zu einem Militärschlag gegen Syrien. Das Ergebnis der Abstimmung steht auf des Messers Schneide

„Barack Obama ist ein Kriegspräsident ohne Kriegspartei“

DER REPUBLIKANER TOM COLE

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

Barack Obama verlängert die Vorkriegszeit: Der US-Präsident hält Militärschläge gegen Syrien für gerechtfertigt und ist bereit, sie auch durchzuführen. Aber bevor er damit beginnt, möchte er eine Zustimmung beider Kammern des Kongresses einholen. Der entsprechende Resolutionsentwurf autorisiert den US-Präsidenten zum Einsatz seines Militärs, um den „Einsatz oder die Verbreitung von Chemie- und anderen Massenvernichtungswaffen zu verhindern oder davon abzuschrecken“. Und um „die USA und ihre Alliierten und Partner vor der Bedrohung durch diese Waffen zu schützen“.

Die Wende im Weißen Haus kam zwei Tage nach der britischen Entscheidung gegen eine Kriegsbeteiligung. Parallel zu dieser internationalen Isolierung wächst auch innerhalb der USA die Opposition. Bis Samstag verlangten mehr als 200 Abgeordnete – sowohl DemokratInnen als auch RepublikanerInnen –, dass der Präsident sie in die Entscheidung einbeziehe. Dem ist Obama nun gefolgt.

Viele Abgeordnete beider Parteien zeigten sich von den Belegen für einen von der syrischen Regierung verantworteten Chemiewaffenangriff (siehe Text rechts) nicht überzeugt. Und sie bezweifelten, dass eine „unmittelbare Bedrohung für die USA“ vorliegt, die einen Militärschlag rechtfertigen würde.

Die Obama-Regierung will die Assad-Regierung für einen Einsatz von Chemiewaffen „strafen“ und stellt einen Militäreinsatz als historische und moralische Verpflichtung dar. Sie versichert, es werde ein „zeitlich begrenzter Einsatz“ ohne US-SoldatInnen am Boden. Obama sagte am Samstag, dass eine Lösung des Konfliktes in Syrien am Verhandlungstisch in Genf erfolgen müsse. Doch er erklärt nicht, was „zeitlich begrenzt“ bedeutet und wie die USA reagieren würden, wenn sich die Feindseligkeiten in der Region ausweiten sollten.

Während Obama am Samstag sprach, demonstrierten KriegsgegnerInnen vor dem Weißen Haus. Unmittelbar nach Obamas Ansprache vereinbarten sie, noch stärker gegen einen Krieg zu mobilisieren.

Kongressabgeordnete begrüßten die Entscheidung Obamas zur Abstimmung. Dies wird jedoch erst nach der Sommerpause nach dem 9. September geschehen. Selbst im Senat, wo die DemokratInnen eine Mehrheit haben, ist es möglich, dass sich die KriegsgegnerInnen durchsetzen. „Obama hat keine Chance, die Abstimmung zu gewinnen, wenn er nicht die Mehrheit in seiner eigenen Partei erhält. Und daran zweifle ich“, sagte der führende Republikaner Tom Cole aus Oklahoma, und er ergänzte: „Obama ist ein Kriegspräsident ohne Kriegspartei.“

Im Repräsentantenhaus haben die RepublikanerInnen die Mehrheit. Insbesondere der Tea-Party-Flügel ist gegen Militärschläge. Andere lehnen den Angriff ab, weil er ihnen zu schwach erscheint. „Wir können keine isolierten Militärschläge unterstützen, die nicht Teil einer Gesamtstrategie zur Veränderung der Kriegslage in Syrien sind“, sagte dazu der republikanische Senator John McCain.

Niemand wagt derzeit eine Prognose, wie die Abstimmung ausgehen wird. Damit aber riskiert Barack Obama, der erste Präsident der USA seit langer Zeit zu werden, dem die Parlamentarier einen Waffeneinsatz verweigern.

Obama hadert nicht nur mit der Opposition gegen Militärschläge, sondern ist auch mit seinen eigenen Aussagen konfrontiert. 2007 hatte er die Alleingänge der USA ohne die Vereinten Nationen kritisiert. Seit sich abzeichnet, dass er selbst Militärschläge im Alleingang vorbereitet, wird er an diesen Widerspruch erinnert.

Das zweite viel bemühte Obama-Zitat dieser Tage ist die „rote Linie“. Der Präsident hatte im Jahr 2012 gesagt, die USA würden in den Konflikt in Syrien eingreifen, wenn dort Chemiewaffen eingesetzt würden. KritikerInnen haben ihm bereits damals vorgeworfen, dass er sich damit selbst unter Zugzwang setzt.

In seiner Ansprache erwähnt Obama die „rote Linie“ nicht. Hingegen spricht er von einer „internationalen Ordnung“, die er mit US-amerikanischen Militärschlägen gegen Syrien zu verteidigen gedenkt. Offen bleibt, ob der US-Präsident das Votum das Kongress als bindend versteht. Auf die Frage einer Reporterin, „Was tun Sie, falls der Kongress Nein sagt?“, gab der US-Präsident keine Antwort.