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Archiv-Artikel

schaut sich in den Galerien von Berlin um

MARCUS WOELLER

Dass sich hinter diesem Chaos eine Struktur verbirgt, hat Anna Oppermann nie verhehlt. Ihr Ensemble-Chaos hat sogar Methode. Es müsse ausgehalten werden, erklärte sie. In der Galerie Barbara Thumm, die sich glücklich schätzen darf, Zugriff auf den Nachlass der 1993 verstorbenen Oppermann zu haben, ist gerade ein solches Ensemble probehalber installiert. Es wird im Oktober auf der Londoner Kunstmesse Frieze Masters gezeigt. Und da ist es hilfreich, sich dem Werk noch einmal so pragmatisch zu nähern. Denn der von der Künstlerin selbst stammende Titel „MKÜVO“ führt messeökonomisch in die Irre: „Mache kleine überschaubare, verkäufliche Objekte!“ Viele der Arbeiten von Oppermann bestehen aus Hunderten Einzelteilen – Fotos, Zeichnungen, Texte, Gemälde, Gegenstände und Staffage –, welche die Vermittlung und Repräsentation ihres Werks gleich mitliefern. Oppermanns ins Bild gesetzter, polyphoner Prozess des Sammelns und Vergleichens, Bewertens und Verwerfens sei die „Präsentation vieler Bemühungen darum, ein Stück Realität zu erkennen“. Viel konkreter sind die Zeichnungen aus dem Frühwerk, die in der Galerie eigentlich gerade ausgestellt werden, und stellenweise tragikomisch. Etwa wenn der auktoriale Blick der mit ihren Knien ins Bild ragenden Künstlerin auf eine riesige Tomatenscheibe fällt oder die „Hausfrau Lydia B. nach dem Abwaschen am Küchentisch sitzend“ einsam ihr Leben betrachtet. In diesen Zeichnungen, die in strenger Filzstiftschraffur mal an Holzschnitte erinnern, mal buntstiftfleißig Trompe-l’Oeils ihrer Wirklichkeitswahrnehmung skizzieren, scheint ihr späteres, in vieler Hinsicht mehrdimensionales Werk schon auf. „Von hier bis zum offenen Arrangement, in das man hineingehen, sich hineinsetzen, sich hinlegen kann“, interpretierte Oppermann sich 1978 selbst, „war nur ein kleiner Schritt.“ (Nur noch bis zum 7. September, 11–18 Uhr, Markgrafenstr. 68)

Wolfgang Betkes Ausstellung in der Galerie Aurel Scheibler heißt „Oberflächentiefgang“ und bereitet damit schon einmal den Boden für den Malereischwerpunkt, mit dem die bevorstehende Berlin Art Week aufwartet. Seine Gemälde, die zu provisorischen Paravents arrangiert sind, zeigen in der abstrakten Oberfläche Schemen von Figuration, aber vor allem Spuren der Materialbearbeitung. Betke, der auch Performancekünstler ist, lädt zum Abschluss der Schau noch mit der Behauptung, „die Oberfläche selbst müsse es sein, die in der Malerei für Tiefgang sorge“, zu einem Gespräch. (Nur noch bis zum 7. September, 11–18 Uhr, Künstlergespräch am 5. September, 18 Uhr, Schöneberger Ufer 71)