Die Krise des Sonnyboys : KOMMENTAR VON SVEN-MICHAEL VEIT
Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust ist nachhaltig beschädigt. Zum ersten Mal hat den Strahlemann von der Waterkant sein polittaktisches Gespür verlassen. Der Mann, der oft genug aus dem Bauch heraus entschieden hat und damit richtig lag, muss dieses Mal erkennen: Seine Intuition war falsch. Sein Senat befindet sich in einer politischen Krise, die sich unversehens zur persönlichen Krise des Ole von Beust auswachsen kann.
Der Rauswurf von Justizsenator Roger Kusch ist nicht nur nach Meinung der Opposition überfällig gewesen, er war unumgänglich. Selbst in der eigenen CDU-Fraktion war Kusch spätestens seit Jahresbeginn nur noch geduldet. Seine Alleingänge wie bei den Forderungen, aktive Sterbehilfe zu erlauben und jugendliche Straftäter nach Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen, hatten ihn dort isoliert. Dem Schwaben ohne Hausmacht weint in der Hanse-CDU niemand eine Träne nach.
Im Amt gehalten hatte ihn nur noch sein Studienfreund aus alten Tagen. 26 Jahre lang waren von Beust und Kusch so eng befreundet, dass sie gemeinsam Urlaub gemacht haben. Eine persönliche Nähe, die den politischen Weitblick des Bürgermeisters deutlich trübte. Seit dem Rauswurf des Rechtspopulisten Ronald Schill 2003 schwamm von Beust auf Wogen der Sympathie, jetzt naht ein tiefes Wellental.
Noch vor vier Wochen, zur Halbzeit der Legislaturperiode, ließen Umfragen ihn auf eine erneute absolute Mehrheit bei der nächsten Bürgerschaftswahl im Februar 2008 hoffen. Selbst das Platzen des amateurhaft betriebenen Umzugs der Deutschen Bahn von Berlin nach Hamburg einen Monat zuvor hatte von Beust nicht wirklich geschadet. Dieses Mal wird das anders sein. Der Bürgermeister sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, zugunsten eines engen Freundes mit zweierlei Maß gemessen zu haben. Jahrzehntelang gab’s den Filz bei der SPD, nun eben bei der Union.
Nahezu täglich werden neue Details der Affären aus Justiz- und Sozialbehörde bekannt. Sollte nun nur der Hauch eines weiteren Zweifels auf von Beusts Stellvertreterin Schnieber-Jastram fallen, wird er auch sie fallen lassen müssen. Sonst könnte er bald selbst fällig werden.