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Archiv-Artikel

„Man muss Kampnagel wieder zum Kochen bringen“

Ein Gespräch mit der künftigen Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard über den Reiz der Wiederbelebung, Hamburgs Zukunft als Produktionsort und den Kampf um Gelder

Von grä

taz: Die Berliner Sophiensaele sind eines der lebendigsten Theater der Off-Szene. Versteht jemand in Berlin, warum Sie von dort nach Kampnagel wechseln wollen, das als deutlich weniger innovativ gilt?

Amelie Deuflhard: In Berlin denken ja alle, dass man immer dort bleiben muss. Aber ich finde es eine spannende Aufgabe, Kampnagel zu revitalisieren. Es wieder mit der Stadt zu vernetzen und sich zu überlegen, was man mit diesen Hallen und dem Areal drumherum machen kann.

Wobei Kampnagel, anders als die Sophiensaele, nicht von der Nachbarschaft zu der sehr lebendigen Berliner Off-Szene profitiert.

Kampnagel ist eines der größten Produktionszentren im deutschsprachigen Raum. Natürlich gibt es in Berlin momentean eine größere Tanz- und Theaterszene als in Hamburg. Aber Hamburg ist eine großartige Stadt und ich glaube, dass man Künstler zum Arbeiten hierher ziehen kann. Und in der Bevölkerung gibt es eine große Affinität zu Kampnagel, vielleicht am meisten aus der Gründungszeit, wo Kampnagel gekocht hat – und man muss es wieder zum Kochen bringen.

Mit welchen inhaltlichen Ideen wollen Sie das Feuer auf Kampnagel schüren?

Ich möchte sehr viel stärker mit Hamburger Künstlern zusammenarbeiten. Kunst hat immer etwas mit der Stadt zu tun, in der man sich bewegt – sie ist die Basis, für alles, was passiert.

Derzeit liegt der Programmschwerpunkt auf Tanz und Performance. Wollen Sie das Sprechtheater wieder stärken?

Das weiß jeder, der mich kennt. Momentan sind durch den Tanzplan der Bundeskulturstiftung die Bedingungen für Tanz am besten. Jetzt muss man darüber nachdenken, wie man ähnliche Strukturen für Sprechtheater und Performance schafft.

Lockt Sie auch der Etat, der mit 3, 6 Millionen deutlich höher ist als die halbe Million, die die Sophiensaele von Berlin bekommen?

Das ist leider nicht ganz so, wie es nach außen aussieht. Die höheren Subventionen sind komplett gebunden durch Infrastrukturkosten, so dass die freien Produktionsgelder eigentlich geringer sind als in Berlin, wo es zudem diverse, sehr viel besser ausgestattete Fördertöpfe gibt. Um in Hamburg überhaupt arbeiten zu können, muss man erheblich Drittmittel akquirieren. Das ist eigentlich der Punkt, der mir am meisten Magengrimmen macht.

Zurzeit verhandeln Sie über die Details Ihres Vertrages. Was möchten Sie noch durchsetzen?

Es geht darum, zu erkunden, wie man die Produktionsbedingungen auf Kampnagel verbessern kann. Es gibt kaum Produktionsgeld – da muss man gemeinsam mit der Kulturbehörde an Lösungen arbeiten. So dass Hamburg nicht nur dadurch international ist, dass es internationale Kunst einlädt, sondern dass es viel stärker als bisher Produktionsort von Theater und Tanz wird.

Sie haben Hamburg sehr gepriesen. Werden Sie auch in unsere schöne Stadt umziehen?

Natürlich. Theater machen geht nicht vom Schreibtisch oder von einer anderen Stadt aus.

Interview: grä