: Weniger Spenden im Krisenjahr
WOHLTATEN Deutsche spendeten 2009 weniger als noch 2008. Grund war offenbar, dass Organisationen seltener um Geld baten. „Verheerende Auswirkungen“ des kirchlichen Missbrauchskandals befürchtet
BERLIN taz | Im vergangenen Jahr haben Privatpersonen weniger an gemeinnützige Organisationen gespendet als 2008. Einer Studie im Auftrag des Deutschen Spendenrates zufolge ging die Gesamtsumme der Spenden um 65 Millionen Euro auf rund 2,1 Milliarden Euro zurück. Auch die Zahl der Spender sank leicht auf 12,7 Millionen Menschen. „Das ist Teil eines langfristigen Trends“, sagte Roland Adler von dem Marktforschungsfirma GfK. „Die niedrige Spenderquote ist eine dramatische Entwicklung.“
Grund für den Rückgang waren wahrscheinlich die gemeinnützigen Organisationen selbst: Wegen der Wirtschaftskrise verschickten sie im vergangenen Jahr ein Fünftel weniger adressierte Spendenaufrufe. Diese sind aber für die besonders spendefreudigen 60- bis 69-Jährigen der wichtigste Auslöser, um Geld zu überweisen. Genau diese Altersgruppe spendete weniger: Ihr Anteil am Spendenaufkommen sank von 26 auf 21 Prozent.
„Das ist für uns eine neue Erkenntnis“, sagte die Geschäftsführerin des Spendenrates, Daniela Felser. In den ersten zwei Monaten dieses Jahres verdoppelte sich entsprechend die Zahl der Spendenaufrufe. Gemeinsam mit der Erdbebenkatastrophe auf Haiti sorgten sie dafür, dass 465 Millionen Euro gespendet wurden – 150 Millionen Euro mehr als im Januar und Februar 2009. „Dieses Jahr erwarten wir deshalb ein sattes Plus“, so Roland Adler. Unerreicht bleibt jedoch die Solidarität nach dem Tsunami zur Jahreswende 2004/2005. In den Monaten danach kam mehr als 1 Milliarde Euro zusammen.
Am spendenfreudigsten blieben auch 2009 ältere Menschen: Über 1 Milliarde Euro kam 2009 von Menschen über 60 Jahren. Insgesamt floss ein Großteil des Geldes in die humanitäre Hilfe, beispielsweise Ende September nach dem Wirbelsturm auf den Philippinen sowie nach dem Erdbeben in Indonesien. Neben der Not- und Katastrophenhilfe spenden die Deutschen den Zahlen zufolge vor allem für Kinderprojekte.
Mit Spannung erwartet der Spendenrat die Auswirkungen der Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche. „Das hat natürlich verheerende Auswirkungen auch auf Organisationen, die gar nicht betroffen sind“, sagte Felser. Belastbare Ergebnisse werde es aber erst im Sommer geben, da die bisherigen Erhebungen noch ausgewertet werden müssten. LALON SANDER