Deutschlands Beitrag mangelhaft

Kirchenvertreter fordern von Regierung mehr Engagement zur Armutsbekämpfung

BERLIN taz ■ Die Kirchen Deutschlands sorgen sich um die Politik der Bundesregierung. „Armutsbekämpfung muss vorrangiges Ziel der Entwicklungspolitik bleiben“, forderte gestern die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) in Berlin. Grund für diese Sorge: der Koalitionsvertrag. In der Vereinbarung zwischen SPD und CDU/CSU wird das „Aktionsprogramm 2015“ nicht mehr erwähnt. Ursprünglich war das 2001 von Rot-Grün aufgelegt worden, um Deutschlands Beitrag zur Halbierung der Armut auf der Welt festzuschreiben.

Union und SPD verpflichteten sich zwar im Koalitionsvertrag auf die Millenniumsziele der Vereinten Nationen. „Aber das Aktionsprogramm, dass den Weg dahin beschreibt, entfällt ersatzlos“, sagt Karl Jüsten, Vorsitzender evangelisch-katholischen GKKE. „Ohne verstärkte Entwicklungshilfe werden die Millenniumsziele nicht zu erreichen sein“, urteilt GKKE-Geschäftsführer Jürgen-Hambrink. Zum Beispiel das Ziel „Halbierung der Armut bis 2015“: Frisches Geld sei nötig, um sich die Chancen auf eine Umsetzung zu erhalten. Die UNO forderte deshalb die Finanztransfairs schrittweise anzuheben – bis auf 0,7 Prozent des jeweiligen Bruttonationalprodukts im Jahr 2015.

Nach dem UN-Stufenplan müsste auch Deutschland aktuell 0,33 Prozent seines BIPs transferieren. „Es sieht so aus, als könne die Bundesrepublik diese Quote vor allem durch weitere Entschuldungen auch erreichen“, sagt Hambrink. Allerdings käme so „aber kein frisches Geld in die Entwicklungsländer“. Das „Mehr“ an Entwicklungshilfe, das Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) immer wieder zu belegen versuche, sei also nur „suggeriert“. Dabei gibt es genügend Ideen und Konzepte, „frisches Geld“ zur Armutsbekämpfung aufzutreiben. „Allein eine europaweite Devisenumsatzsteuer von 0,01 Prozent brächte jährliche 21 Milliarden Euro“, rechnet Thilo Hoppe (Grüne), Vorsitzender des Bundestagsausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, vor. Eine Besteuerung von Flugbenzin oder Flugtickets sei ebenfalls möglich.

In der Vergangenheit waren solche Konzepte sogar auf G-8-Ebene diskutiert worden. Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) findet die Kritik der Kirchen deshalb auch unberechtigt: „Das Aktionsprogramm 2015 hat weiterhin uneingeschränkte Gültigkeit.“ Allerdings, so die Ministerin, sei die Stellungnahme „durchaus auch Ansporn“.

BERNHARD ROHKEMPER

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