: Der Bock als Gärtner
Ein Stasi-Landesbeauftragter, der selbst einen ehemaligen Schulfreund bei der „Firma“ angeschwärzt hat und nicht einmal freiwillig zurücktreten will – das war der Landesregierung von Sachsen-Anhalt zu viel. Jetzt enthob das Justizministerium in Magdeburg den 63-jährigen Gerhard Ruden kurzerhand seines Amtes, ein knappes Vierteljahr vor Ablauf seiner Amtszeit.
Ende März war bekannt geworden, dass er im heißen Jahr 1968 einen Schulfreund denunzierte, der wegen „staatsfeindlicher Hetze“ im Gefängnis saß und später zu 5 Jahren Haft verurteilt wurde.
Mehr noch als diese Enthüllung sorgten Rudens Reaktionen für Verärgerung bei Politikern und Stalinismus-Opfern, die bislang gut mit ihm zusammengearbeitet hatten. „Wenn einer verhaftet wird, dann hat er ja wohl in erster Linie selbst daran Schuld“, äußerte er sich. Am 31. März trat er zwar zunächst zurück, widerrief aber diese Entscheidung kurz vor Ostern. Offenbar ging es ihm um Versorgungsansprüche, die erst nach fünf Jahren wirksam werden.
Bauingenieur Ruden blieb als wissenschaftlicher Assistent und Forschungsingenieur in der DDR unauffällig. Beim Aufbruch 1989 engagierte er sich im Bürgerkomitee zur Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit und war Mitbegründer des Runden Tisches in Magdeburg. In der Landeshauptstadt stieg er 1990 zum Umweltdezernenten auf. 2002 gewann das CDU-Mitglied seinen Magdeburger Wahlkreis gegen den damaligen SPD-Ministerpräsidenten Reinhard Höppner. Bis zu seiner Wahl als Stasi-Landesbeauftragter 2005 saß er für die CDU im Landtag.
Nun hat er neben seiner Amtsenthebung auch noch ein Disziplinarverfahren des Justizministeriums am Hals, ein weiteres der Staatskanzlei wird erwartet. Dabei geht es aber nur um formale Mängel wie den unzulässigen Rücktritt „mit sofortiger Wirkung“. Fassungslos zeigte sich SPD-Fraktionschefin Katrin Bude über die „Dreistigkeit und Pietätlosigkeit“ Rudens nach Bekanntwerden der Vorwürfe. Aus unterschiedlichen Motiven sehen sowohl die Linke als auch die Vereinigung der Opfer des Stalinismus nun die Institution des Stasi-Landesbeauftragten beschädigt. MICHAEL BARTSCH