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Archiv-Artikel

Wer Bankern an den Kragen will

PROTEST Banken verdienen wieder Milliarden, Widerstand auf der Straße gibt es kaum noch. Als hätte es die Finanzkrise nie gegeben. Einige Aktivisten geben nicht auf und wollen den gesellschaftlichen Druck wieder erhöhen

Das Attac-Bankentribunal

Schnieker Anzug samt weißem Hemd und Schlips – und trotzdem eine Räubermaske im Gesicht: Das Logo zum Bankentribunal des globalisierungskritischen Netzwerks Attac ist simpel, aber eindeutig in der Aussage. In einem Schauprozess an der Berliner Volksbühne soll es an diesem Wochenende Bankern und Politikern, die die weltweite Finanzkrise möglich gemacht haben, an den Kragen gehen. Der Schlachtruf dazu: „Jemand muss es tun“. Am Samstag wird an dem Berliner Theater Anklage gegen die derzeitige Bundesregierung sowie die beiden vorangegangenen Regierungskoalitionen erhoben. Aus den Reihen der Banker und Manager werden unter anderem Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, und der frühere Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer angeklagt. Einer Befragung von Zeugen – darunter Journalisten, NGO-Vertreter sowie direkt Betroffene der Krise – und den Plädoyers der Anwälte beider Seiten soll am Sonntag ein Urteil durch ein prominent besetztes Richtergremium folgen. Zum Abschluss der Aktion sollen in einem „Forum der Alternativen“ konkrete Schritte zur Transformation des Finanzsektors erarbeitet werden. „Sowohl die Größenordnung der Bankenrettungspakete als auch ihre Intransparenz und Demokratieferne sind in der Geschichte der Bundesrepublik ohne Beispiel. Bisher hat weder eine angemessene öffentliche Aufarbeitung dieser Vorgänge noch eine ernsthafte Diskussion über grundlegende Veränderungen des Finanzsystems stattgefunden“, begründet Attac die Notwendigkeit des Bankentribunals.

BERND SKISCHALLY

Das Weltsozial-forum

„Unser Forum hat erreicht, dass viele Länder seine Ideen aufgegriffen haben und viel besser über die Finanzkrise hinweggekommen sind als die Länder, die dem neoliberalen Wirtschaftsmodell gefolgt sind.“ Mitbegründer Oded Grajew mangelt es nicht an Selbstvertrauen. In Europa wird kaum über das Weltsozialforum – als Ideenschmiede und Vernetzungsplattform gedacht – berichtet. Daran nahmen in den vergangenen zehn Jahren oft über 100.000 Menschen daran teil, darunter Delegierte von sozialen Bewegungen, indigenen Völkern, Gewerkschaften und NGOs. Kritiker bemängeln, dass selten konkrete Beschlüsse gefasst werden und die Diskussionen deshalb ins Leere laufen. Sven Giegold, Europaabgeordneter der Grünen, widerspricht: „Dank der Weltsozialforen haben sich internationale Netzwerke gebildet, etwa zu Themen wie Handel, Finanzmärkte und Krieg. Diese Netzwerke arbeiten sehr erfolgreich.“ SKI

Das andere Davos

Neben dem Weltsozialforum feierte mit dem Attac-Kongress „Das andere Davos“ im Januar eine weitere Gegenveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum ihr zehnjähriges Jubiläum. Mehrere hundert linkspolitische Aktivisten treffen sich seit 2001 in wechselnden Schweizer Städten. Dieses Jahr diskutierten rund 500 Teilnehmer an der Basler Universität Themen wie „Die Hungerkrise und das herrschende Landwirtschaftsmodell“ und „Die Frauenkämpfe im Kontext der kapitalistischen Globalisierung“. Dass die Gegenveranstaltung zum Gipfel der weltweiten Finanzelite in Davos angesichts der Krise mehr denn je gebraucht wird, betont Andreas Missbach gegenüber der taz. „Es gibt bereits wieder viel zu viel Business as usual bei den Banken“, sagt der Finanzexperte der entwicklungspolitischen Organisation „Erklärung von Bern“. SKI

Die Robin-Hood-Steuer

Die Banken wehren sich seit Jahrzehnten erbittert gegen sie: die Finanztransaktionssteuer (FTT), neuerdings auch Steuer gegen Armut genannt. In den vergangenen Monaten liefen mehrere Internet-Kampagnen an, die über die Abgabe auf alle Bank- und Devisengeschäfte informieren und politische Unterstützer mobilisieren wollen. Auf den Webseiten www.makefinancework.org und www.robinhoodtax.org.uk kann für eine Petition gestimmt werden, die den Staats- und Regierungschefs beim G-20-Gipfel in Toronto Ende Juni übergeben werden soll. Die EU analysiert derzeit die Umsetzbarkeit der FTT. Viele werten das als ersten Erfolg. „Die Chancen, dass die Steuer eingeführt wird, sind sicher so groß wie noch nie“, sagt Detlev von Larcher der taz. Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete ist Attac-Mitglied und Mitinitiator der Unterschriftenkampagne im Netz. Bereits mit einer minimalen FTT könnten „die sozialen Folgen der Krise und die Armut in der Welt sowie die Klimaerwärmung bekämpft werden und Finanzspekulationen eingedämmt werden“, betont er. Knapp 100.000 Befürworter haben bereits unterschrieben. Damit es noch mehr werden, werben neuerdings prominente Schauspieler in kurzen Clips für die Steuer: In der deutschen Fassung sind Heike Makatsch und Jan Josef Liefers als Bankmitarbeiter zu sehen, in der englischen Version gibt Ben Kingsley den Bonzen und wird von „Robin Hoodies“ um eine halbe Geldmünze beraubt. SKI