Eine, die in jeder Hinsicht fehlen wird

ALMUT KLOTZ BEERDIGT

Sie brachte das sorglose, mutige Leben einer Lumpenboheme auf den Punkt, wie diese Stadt sie immer seltener zulässt

Großartig, was ein Lied bewirken kann. Eben noch sah Christiane Rösinger ganz gelb im Gesicht aus. Aber als die Sängerin vor die Trauergemeinde tritt und für ihre tote Weggefährtin singt, geht es wieder. Die Musik ist ein Korsett, das in den gemeinsten Augenblicken halten kann.

Christiane Rösingers Weggefährtin, die Berliner Musikerin Almut Klotz, ist vor Kurzem im Alter von nur 50 Jahren gestorben. Am Freitag, bei goldenem Spätsommerwetter, wurde sie auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof beerdigt, wo auch Rio Reiser liegt. An die 200 Leute sind gekommen: die große Familie, aber auch viele befreundete Berliner und Hamburger Kulturschaffende, darunter der Sänger der Sterne, Frank Spilker, Sänger Jochen Distelmeyer, Autor David Wagner, der Macher des Technoclubs Tresor, Dimitri Hegemann usw. usw. Die meisten heulen Rotz und Wasser in der schönen, kleinen Kapelle mit dem Sarg ganz vorn, aber immer geht es etwas besser, wenn Musik dran ist.

Almut Klotz war eine tolle Musikerin, nicht nur in der Zeit, als sie mit Christiane Rösinger die Lassie Singers gründete und das Lied „Ich bin dir jetzt schon dankbar“ schrieb, in dem es wie so oft bei dieser Band ums Tanzen und „Rummachen“ geht und darum, dass dann doch immer jeder allein nach Hause geht. Es passt gut, dass Christiane Rösinger gerade dieses Lied in der Kapelle vorträgt. Es passt auch gut, dass der Berliner Popchor, den Almut Klotz nach den Lassie Singers gründete und der fast vollzählig erschienen ist, einen der traurigsten und schönsten Songs der Smiths singt: „How Soon is Now“.

Almut Klotz war ein toller Mensch – so lässig und souverän, dass man sich fast schämt, auch Rotz und Wasser heulen zu müssen. In den Worten ihres Bruders und ihres besten Freundes, die beide eine kleine Rede halten: Sie war unprätentiös, humorvoll, sie hatte keine Vorstellung von oben und unten oder fand es auch nur interessant, ob jemand wichtig oder unwichtig war. Nur deshalb konnte sie so unsterbliche Songs schreiben und singen, die auch das sorglose und mutige Leben einer Berliner Lumpenboheme auf den Punkt brachte, wie diese Stadt sie immer seltener zulässt. Almut Klotz wird in jeder Hinsicht fehlen. SUSANNE MESSMER