: SPD-Minister stellen sich dumm
MENSCHENRECHTE Bundesinnenminister de Maizière will Guantánamo-Häftlinge aufnehmen. SPD-Länder finden sich nicht zuständig. Bewegung gibt es vielleicht nach der NRW-Wahl
VON ULRIKE WINKELMANN
Guantánamo-Häftlinge? Wer? Mehrere Unions-Landesinnenminister haben verdeutlicht, dass sie als unschuldig entlassene Insassen des US-Lagers keinesfalls aufnehmen wollen. Doch auch die SPD-regierten Länder tun gegenwärtig, als wüssten sie von nichts.
„Für uns ist die Frage nicht auf dem Tapet“, sagte am Freitag der Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums Eric Schaefer zur taz. „Das ist eine Entscheidung, die die Bundesregierung zu treffen hat. Es hat hier auch niemand angefragt.“ Auf die Frage, ob denn nicht die SPD seit der Ankündigung des US-Präsidenten Barack Obama, das Lager zu schließen, für die Aufnahme von Häftlingen plädiert, sagte Schaefer: „Der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich so geäußert.“
Auch der Sprecher des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer (SPD) erklärte der taz, Bremen habe sich nicht mit der Frage befasst und niemand von der Bundesregierung habe Bremen gefragt, ob es bereit sei, einen Häftling aufzunehmen. Bremen ist das einzige rot-grüne Bundesland. Hierher kehrte 2006 der Deutschtürke Murat Kurnaz zurück, den die Bundesregierung fünf Jahre in Guantánamo schmoren ließ. Deshalb, erzählte der Sprecher, machten andere Innenminister bisweilen den Scherz: „Ihr Bremer habt ja damit doch keine Probleme, ihr habt sowieso schon einen.“
Den Vorsitz der Innenministerkonferenz hat dieses Jahr der Hamburger Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU), der mit den Grünen regiert. Sein Sprecher erklärte am Freitag ganz nach SPD-Muster: „Für uns ist das kein Thema. Es gibt auch keine offizielle Anfrage.“ Ob es eine inoffizielle Anfrage des Bundesinnenministers Thomas de Maizière (CDU) gebe, sagte er nicht. De Maizière hatte erst am Donnerstag bekräftigt: Wenn ein wichtiger Bündnispartner wie die USA um Hilfe bitte, werde eine ernsthafte Prüfung zur solidarischen Pflicht. Er will offenbar bereits identifizierte Kandidaten aufnehmen, braucht dafür aber mindestens ein williges Bundesland. Der Hamburger Sprecher sagte, es sei „nicht auszuschließen“, dass Guantánamo zur Innenministerkonferenz Ende Mai auf die Tagesordnung komme.
Ende Mai ist auch die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen vorbei. NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) hat sich bislang nicht völlig quergestellt. Ob er im Amt bleibt, ist zwar sehr fraglich. Doch hat jeder Minister das Recht auf letzte Amtshandlungen, während die Koalitionsverhandlungen einer neuen Regierung noch laufen.