: Mehr finanzieller Druck auf Freies Radio?
Entwurf für Fusion der Landesmedienanstalten Hamburgs und Schleswig-Holsteins enthält strittige Regelungen. Das Freie Sender Kombinat 93,0 warnt vor Bevorzugung kommerzieller Anbieter bei der Lizenzvergabe
Die geplante Vereinigung der beiden nördlichsten Landesmedienanstalten stößt auf Protest. Nach einem im Februar von den beiden Landesregierungen beschlossenen Referentenentwurf, der der taz vorliegt, sollen die Hamburgische Landesmedienanstalt (HAM) und Schleswig-Holsteins Unabhängige Landesanstalt für Rundfunk und neue Medien (ULR) spätestens zum 1. Januar 2007 verschmelzen. Die Radiomacher vom Freien Sender Kombinat (FSK) verfolgen die Verhandlungen mit Besorgnis und haben ein Positionspapier zu dem Referentenentwurf veröffentlicht.
Das FSK beanstandet, dass nichtkommerzielle Sender im Entwurf nicht berücksichtigt werden. Er enthalte eine „extreme Bevorzugung von finanzstärkeren Anbietern“, sagt Carsten Gericke, Rechtsberater des FSK. Neben kultureller Vielfalt und journalistischer Darbietung soll nämlich bei der Vergabe von Frequenzen lediglich noch berücksichtigt werden, dass des Bewerbers „Finanzierungsgrundlagen (...) bestmöglich gesichert sind“. Im Mediengesetz Schleswig-Holsteins sind auch die aktuelle Zusammensetzung der Anbietergemeinschaft sowie das jeweilige Redaktionsstatut Kriterien. In Hamburg zählen vor allem die kulturelle Vielfalt des Programms und der inhaltliche Bezug zur Stadt.
Zwar müssen Radiosender eine Zulassung für ihre Frequenz alle fünf Jahre neu beantragen, so dass das FSK bei seiner nächsten Bewerbung aufgrund seines niedrigen Budgets Probleme bekommen könnte. Dennoch besteht laut Gericke keine Gefahr für den freien Sender, da es sich um einen „etablierten Sender mit funktionierender Struktur handelt“. Ohnehin kann das FSK seine Ende 2007 auslaufende Lizenz voraussichtlich bis 2012 verlängern. Erst dann wird die Frequenz 93,0 Megahertz neu ausgeschrieben.
Ein weiterer Kritikpunkt im Positionspapier des FSK ist die geplante Verpflichtung von landesweit sendenden Anbietern zum Ausstrahlen von Wahlwerbung aller Parteien. Da das FSK selbst nicht hamburgweit sendet, wäre es davon nicht betroffen, müsste sich aber gut überlegen, ob es sein Sendegebiet mittelfristig ausdehnt. Rechtsberater Gericke hält diese Regelung für bedenklich: „Es gibt keinen Grund, Anbieter zum Ausstrahlen von Wahlwerbung zu verpflichten.“ Hier habe man das Schlechteste aus den beiden Mediengesetzen zusammengebracht. In Schleswig-Holstein nämlich besteht eine solche Vorschrift bereits. Konflikte, so Gericke, seien vorprogrammiert, wenn beispielsweise rechtsgerichtete Parteien mit ihrem Werbespot bei Sendern wie dem FSK anklopfen. „Rechtlich gesehen kann man dann nur bei klaren Straftatbeständen, zum Beispiel Volksverhetzung, etwas dagegen tun.“
Auch die Medienanstalten kritisieren die Pläne des Kieler Landtags und der Hamburgischen Bürgerschaft. Bereits im Januar haben sie ein gemeinsames Positionspapier zu den Plänen der Regierungen veröffentlicht. Doch Sorgen um die gemeinnützigen Sender mache man sich nicht, sagt Lothar Jene, Direktor der HAM. „Man muss sicherstellen, dass nichtkommerzielle Anbieter berücksichtigt werden – und das wird auch so sein.“ Natürlich werde man diese Gruppe, insbesondere in Bezug auf deren Finanzierungsmodelle, anders betrachten als kommerzielle Sender. Es müsse schwerpunktmäßig um dieProgramminhalte sowie um die Vielfalt verschiedener Anbieter in der gesamten Medienwelt gehen.
Ungeklärt ist bislang die Standortfrage für die neue Landesmedienanstalt: Wolfgang Bauchrowitz, Stellvertretender Direktor der ULR, pocht auf „Gerechtigkeit“. Weil die Filmförderung wahrscheinlich in Hamburg angesiedelt sein wird, sei es nur fair, wenn im Gegenzug die Medienaufsicht nach Kiel gehe. Aber auch Lübeck, bisher Sitz der schleswig-holsteinischen Filmförderung m:sh, sei ein Kandidat: „Damit würden wir die Tür für weitere Interesierte öffnen.“ Späterer Beitritt von Mecklenburg-Vorpommern also nicht ausgeschlossen. HAM-Direktor Jene füht dagegen die „Nähe zum Mediengeschehen“ für Hamburg ins Feld: „Hamburg ist besser in die bundesweite Medienlandschaft eingebunden, gerade was die neuen Medien angeht.“ Eine Entscheidung soll spätestens nach der Sommerpause fallen. Oliver Wasse