: Protest gegen Lohndumping
ZEITARBEIT In Bremerhaven protestieren AktivistInnen gegen Leiharbeit – sie hat dort stark zugenommen
Nicht weniger als sieben Zeitarbeitsfirmen haben in der Bürgermeister-Schmidt-Straße in Bremerhaven ihren Sitz. In der Stadt, die seit langem unter besonders hoher Arbeitslosigkeit leidet, sind diese Firmen ein Wirtschaftsfaktor: Arbeitslose sind verpflichtet, auch bei schlecht zahlenden Zeitarbeitsfirmen jeden Job anzunehmen.
Anlässlich eines bundesweiten Aktionstages gegen Hartz IV rief die Bremerhavener „Arbeitsgruppe Theorie und Praxis“ dazu auf, am Freitagnachmittag bei den Verleihfirmen gegen Lohndumping zu protestieren. In ihrem Flugblatt wurden sie grundsätzlich: „Eine Gesellschaft in der für den Profit produziert wird, ist eine Gesellschaft des Elends“.
Rund 20 AktivistInnen spazierten die Bürgermeister-Schmidt-Straße entlang. An der Kreuzung zur Preßburger Straße wurde gestoppt, denn hier sitzt Leiharbeitsfirma „Timepartner“. Die Protestierenden verteilten Flugblätter gegen Leiharbeit und entrollten Transparente, auf denen „Her mit dem schönen Leben!“ gefordert wurde.
Die Mitarbeiter der „Timepartner“-Filiale reagierten wenig angetan auf Fragen nach „Ausbeutung“ und „moderner Sklaverei“. Die Aufregung in der Zeitarbeitsfirma war groß, die Niederlassungsleiterin fotografierte die AktivistInnen mit ihrem Handy. Für sie war der Protest ungerechtfertigt, wurde ihr doch vorgeworfen, mit Tarifverträgen christlicher Gewerkschaften Lohndumping zu betreiben – bei Timepartner werde aber nach dem Zeitarbeits-Branchentarifvertrag bezahlt. Dass das für die Ausgeliehenen trotzdem häufig den halben Lohn für die gleiche Arbeit bedeutet, erwähnte sie nicht.
Danach hielt der Zug der AktivistInnen noch vor den Leiharbeitsfirmen „Randstad“ und „Rotoline“ und endete an der Bremerhavener FDP-Zentrale. Dort regten sie an, mit „Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft – gegen Leiharbeit, Hartz IV und nationalistische Hetze“ vorzugehen.
PassantInnen reagierten oft positiv auf die ihnen entgegengestreckten Flugblätter. Mit Sätzen wie „Leiharbeit ist Menschenhandel“ oder „Sie sind als Beschäftigte 2. Klasse gebrandmarkt“ konnten einige der BremerhavenerInnen offensichtlich etwas anfangen. Das mag daran liegen, dass kaum irgendwo das Risiko so groß ist, sich selbst bei solchen Arbeitgebern verdingen zu müssen: Laut der Arbeitnehmerkammer ist die Leiharbeit hier zwischen den Jahren 2000 und 2008 um 200 Prozent gestiegen. Der Niedriglohnsektor ist im Land Bremen in den letzten Jahren überdurchschnittlich stark angewachsen. 2007 mussten mehr als 100.000 Menschen im Land Bremen zusätzlich zu ihrem Arbeitslohn Hartz IV-Leistungen beziehen.
Kristin Kielon