: Paramilitärs im Dienste der Multis
KOLUMBIEN Wieder einmal werden in dem Andenland Gewerkschafter mit dem Tode bedroht. Neu ist, dass sich die kriminelle Gruppierung Rastrojos explizit als Unterstützerin von Bergbaukonzernen darstellt
HAMBURG taz | Selbst wenige Stunden vor Ende des 45-tägigen Ausstands gingen bei den Gewerkschaftsführern noch Morddrohungen ein. Am Freitag war beim zweitgrößten kolumbianischen Kohleproduzenten einer der längsten Streiks in der Geschichte des Landes zu Ende gegangen. Drummond, ein US-Bergbaukonzern, der mehrere Minen in Kolumbien betreibt, hatte sich in den letzten Wochen als extrem hartnäckiger Verhandlungspartner gebärdet. Selbst der Vizepräsident, Angelino Garzón, sah sich genötigt, in den Arbeitskonflikt einzugreifen und zwischen den beiden Seiten zu vermitteln. Er appellierte an den Konzern, sich deutlich von der paramilitärischen Gruppe „Los Rastrojos“ zu distanzieren.
Diese vor allem auch im Drogenhandel aktive Bande hat in den letzten Monaten immer wieder mit Morddrohungen gegen die Gewerkschaftsvertreter versucht, den Arbeitskampf zu beeinflussen. Drei im Bergbausektor aktive Gewerkschaften, Sintramienergética, Funtramienergética und Sintraime, wurden zum militärischen Ziel erklärt. Den Gewerkschaften wird die Verbreitung „kommunistischer Doktrinen“ vorgeworfen. An sie, aber auch an mehrere linke Abgeordnete und Menschenrechtsanwälte ergeht die ultimative Aufforderung „mit der Gehirnwäsche zugunsten von Farc und ELN aufzuhören“, also zugunsten der großen linksgerichteten Guerillagruppen.
Für Kolumbien ist das an sich nichts Neues, denn Basisorganisationen, Gewerkschaften und linke Politiker werden seit Jahrzehnten in die Nähe der Guerillaorganisationen gerückt. Neu an dem Pamphlet der Rastrojos ist aber, dass sie gleich eine ganze Reihe von Bergbaukonzernen aufführen, deren Aktivitäten sie aktiv unterstützten: den schweizerischen Rohstoffmulti Glencore, den US-Bergbauriesen Drummond, den Öl- und Gaskonzern Pacific Rubiales und den südafrikanischen Goldförderer AngloGold Ashanti.
Diese gehören zu den großen Investoren in Kolumbien und beschäftigen einige zehntausend Arbeiter. Sie sind jedoch für prekäre Arbeitsverhältnisse und teilweise auch für ausgesprochene Gewerkschaftsfeindlichkeit bekannt.
So läuft gegen den Drummond-Konzern, zu dessen Kunden auch deutsche Energiekonzerne wie RWE gehören, in den USA bereits ein Prozess wegen der Ermordung von drei Gewerkschaftern im Jahr 2001. Damals soll Drummond die Paramilitärs über den Wirt der Werkskantine finanziert haben. KNUT HENKEL