: Der neue Mix
Hamburger Berufsakademie soll Mangel an Führungskräften in Betrieben mildern. Neben dem Wirtschaftsstudium erlernen Studenten Handwerk
von Eva Weikert
Eine neue Hochschule in Hamburg soll helfen, den Mangel an Führungsnachwuchs in kleinen und mittelständischen Unternehmen zu beheben. Die Hamburger Handwerkskammer hat gemeinsam mit Innungen und anderen Kammern aus Norddeutschland eine Berufsakademie gegründet, die am 1. Oktober die ersten Studenten aufnehmen wird. Im Angebot ist ein Ausbildungsmix aus einem Studium und einer Lehre im Betrieb. Vergangene Woche erhielt die Berufsakademie vom Senat ihre staatliche Anerkennung.
Der duale Studiengang wird mit einem Bachelor in Betriebswirtschaft KMU – kleine und mittlere Unternehmen – und mit einem Gesellenbrief abgeschlossen. Denn neben dem Studium muss ein Handwerk erlernt werden. Zugangsvoraussetzung ist das Abi oder das Fachabi. Genau wie Meister können die Absolventen Betriebe eröffnen und als Ausbilder tätig sein.
Die Handwerkskammern von Schwerin, Lüneburg und Stade tragen die Akademie mit. Hamburgs Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) sagte bei der Vorstellung des Konzepts vorige Woche, durch die Kooperation sei auch ein Studium an mehreren Orten möglich. In Hamburg wird zunächst in der Handwerkskammer am Holstenwall gelehrt. Voraussichtlich im Frühjahr 2007 soll die Akademie ins „Kompetenzzentrum“ der Kammer nach Harburg umziehen, das zurzeit noch im Bau ist.
Dräger hält die neue Mischung für eine „sinnvolle Alternative zum Hochschulstudium“. Absolventen stehe ein Masterstudium offen und die Promotion. „Die Akademie ist Hochschulen gleichgestellt“, betonte er.
Auch Frank Glücklich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, stellt den Absolventen „sehr gute Karrierechancen“ in Aussicht. Besonders attraktiv für Unternehmen des Handwerks und des Mittelstandes sei die Verbindung von Theorie und Praxis. Dadurch seien die Absolventen schon „am ersten Tag nach dem Studium im Betrieb voll einsetzbar“. Zugleich mangele es vielen Klein- und Mittelständlern an Nachfolgern. Die Gründung einer Lehrstätte zur Heranbildung von Führungsnachwuchs sei ein wichtiges Anliegen der Kammer gewesen.
Die Alterung der Gesellschaft führt in der Wirtschaft insgesamt zu einem Nachwuchsmangel. Doch die kleinen Betriebe sind vom Aussterben besonders bedroht, weil die Großkonzerne den meisten Berufsanfängern attraktiver erscheinen.
Die ersten Berufsakademien sind in Süddeutschland entstanden. Im Norden gibt es sie bisher in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. An ihnen unterrichten fest angestellte Professoren, Lehrbeauftragte und Praktiker. Geforscht wird nicht. Der duale Studiengang wird zum Ausbildungstarif vergütet, er kostet gleichzeitig aber auch Gebühren.
In Hamburg kostet die vierjährge Doppelausbildung 290 Euro pro Monat. In der Regel, so die Handwerkskammer, zahle der Ausbildungsbetrieb davon die Hälfte. Denkbar seien aber auch voll zahlende Studenten.
Bewerbungen nimmt die Kammer entgegen. Fürs Erste sind 40 Studienplätze im Angebot, bis 2010 soll die Akademie auf 340 Studenten anwachsen. Die Kammer hilft auch bei der Vermittlung von Lehrstellen.