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Archiv-Artikel

Das Schulproblem wird abgeschoben KOMMENTAR VON SABINE AM ORDE

Die Rütli-Hauptschule in Berlin-Neukölln hat die Schulbehörde um Auflösung gebeten, weil sie die Gewalttätigkeit ihrer Schüler nicht mehr in den Griff bekommt – und damit ein gewaltiges Echo gefunden. CDU-Politiker wie Volker Kauder fordern ein schärferes Durchgreifen und schieben die Schuld auf „das Integrationsdefizit ausländischer Jugendlicher“. Und Friedbert Pflüger, der für die CDU in Berlin gerne Bürgermeister werden will, findet gar: Schüler, die straffällig werden, solle man notfalls gleich abschieben.

Besonders pädagogisch ist das nicht. Doch Pflügers Aussage bringt ein Grundmotiv des deutschen Bildungssystems auf den Punkt: Schwierige Schüler werden hierzulande abgeschoben – und wenn es auch nicht gleich außer Landes geht, so doch zumindest in die Hauptschule. In der Hauptschule, die längst eine Restschule geworden ist, konzentrieren sich die leistungsschwachen und problematischen Schüler. Wer hier landet, der weiß: Er hat keine Chance. Das schafft Unzufriedenheit, Aggression und schlechtes Lernklima.

Deshalb muss die Hauptschule aufgelöst werden. Und damit das Problem in den sozialen Brennpunkten nicht einfach auf die nächstgelegenen Real- und Gesamtschulen verlagert wird, muss gleich das gesamte dreigliedrige Schulsystem abgeschafft werden. Natürlich gibt es auch Hauptschulen, die auch unter widrigen Umständen gute Arbeit leisten: mit innovativen pädagogischen Konzepten, engagierten Pädagogen und klaren Regeln. Aber dass das deutsche Schulsystem seine Jugendlichen im internationalen Vergleich ausgesprochen schlecht fördert, hat die Pisa-Studie dramatisch unter Beweis gestellt und der UNO-Bildungsinspektor Vernor Muñoz Villalobos bei seinem Besuch deutscher Schulen deutlich beklagt.

Eine andere Bildungspolitik ist also nötig. Doch auch die Integrationspolitik muss sich endlich der Probleme annehmen. Dabei müssen die Versäumnisse auf allen Seiten klar benannt werden, die der Eltern wie die der Lehrer und die der Behörden. Doch vor allem müssen die Jugendlichen endlich das Gefühl vermittelt bekommen: Wir wollen euch, wir fördern euch, wir geben euch eine Chance. Die aktuelle Debatte bewirkt das Gegenteil.