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Archiv-Artikel

Da wo es raucht, lass dich im Notfall nieder

Natalie Tenbergs Gastro-Kritik: Das Bistro Leysieffer im Flughafen Berlin-Tegel ist die Heimat der Raucher – aber nicht die der guten Küche

Die Zeit vor einem Flug ist schrecklich. Meistens hat man zu viel an und schleppt mehr Handgepäck mit, als erlaubt ist. Das darf man auf gar keinen Fall aus dem Auge lassen, sonst kann es gestohlen werden, oder irgendwo am Flughafen vergessen. Damit wäre man wahrscheinlich gleich für einen aufwändigen Antiterroreinsatz verantwortlich. Auch sind die Sitzgelegenheiten nicht für gemütlichen Aufenthalt gebaut. Also: Wehe dem, der da Verspätung hat!

In solch einer Situation nämlich werden die Möglichkeiten, sich am Berliner Flughafen Tegel die Zeit zu vertreiben, extrem knapp. Man kann zehnmal im Kreis gehen, man kann sich aber auch ins Bistro Leysieffer setzen und anderen dabei zuschauen, wie sie im Kreis gehen. Besonders spannend ist das nicht, weshalb es auf den ersten Blick rätselhaft ist, dass das Bistro trotzdem meistens sehr gut besucht wird.

Am Eingang des zur Haupthalle hin offenen Raumes stehen Bistro-Tische und Stühle, weiter im Inneren wurde der Versuch einer eleganten Einrichtung unternommen, Polsterstühle, gedeckte Farben. Der Versuch ging daneben, vor allem, weil das Geschepper, das von der Selbstbedienungstheke in den Raum lärmt, den Gast immer daran erinnert, dass er hier nur irgendwie gelandet ist, aus Verlegenheit. Zigarettengeruch liegt in der Luft.

Es scheint, als würde sich die Geschäftsführung nicht allzu viel Mühe geben, ihre Gäste zum Essen zu ermuntern. Ein halbes Brötchen, großspurig Baguette genannt, mit Ei kostet 3,70 Euro, eine rustikale Tomatensuppe 5,50 Euro. Die Suppe vom Selbstbedienungstresen wird vor den Augen des Gastes erst mal in die Mikrowelle gestellt, um sie aufzuwärmen. Gnädigerweise wird sie mit drei trockenen Brötchen serviert. Die schmecken nicht anders als das belegte. Was nämlich wie Ei aussieht, schmeckt gar nicht danach. Suppe und Ei, alles fade. Zum Nachwürzen muss man an die Theke, Salz- und Pfefferstreuer stehen nicht auf den viel zu kleinen Tischen.

Schwung kommt erst wieder beim Cappuccino ins Haus. Der ist, dank Profimaschine, genau richtig. Kräftig, schaumig, heiß. Die anderen Gäste haben von Anfang an auf das überteuerte Essen verzichtet. Sie trinken Kaffee oder Bier.

Dazu rauchen sie eine Zigarette nach der anderen, und so wird auch klar, warum das Leysieffer gut besucht ist: Es ist vom generellen Rauchverbot am Flughafen ausgenommen. Hier sitzen nur Raucher, die den Gang in die Kälte scheuen. Das ist also die Geschäftsgrundlage des Bistro Leysieffer am Flughafen Tegel.

BISTRO LEYSIEFFER, Flughafen Tegel, Boulevard Tegel/Haupthalle, 13405 Berlin, Tel. (0 30) 41 01 44 87, tägl. 5–22 Uhr, Cappuccino 3,10 €, Cola 2,50 €. Speisen? Siehe Kritik.