: Die dreisten Gorlügen
ATOM Gorleben wurde völlig willkürlich zum Endlager gekürt. Geologie und Atomphysik waren nicht wichtig. Das belegen Akten, die Greenpeace jetzt öffentlich gemacht hat
BERLIN taz | Als das niedersächsische Gorleben ausgesucht wurde, um dort stark strahlenden Atommüll unterirdisch zu lagern, spielte politischer Druck eine Rolle, kaum wissenschaftliche Erkenntnis. Das zeigen bisher unter Verschluss gehaltene Akten, die die Umweltorganisation Greenpeace ins Netz gestellt hat. Demnach taucht Gorleben erstmals im November 1976 in den Akten auf – als handschriftliche Ergänzung. Schon drei Monate später entschied das niedersächsische Kabinett von CDU-Ministerpräsident Ernst Albrecht, ausschließlich Gorleben zu erkunden. Der TÜV Hannover hatte das schleswig-holsteinische Nieby als Standort empfohlen.
Die Umweltschützer entdeckten auch ein Dokument aus dem August 1996, in dem das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) warnte, es habe in 840 Meter Tiefe eine große Salzlaugen-Ansammlung entdeckt. Sie habe eine Größe von bis zu einer Million Kubikmeter. Die Öffentlichkeit erfuhr davon nichts. Heute erklären die Experten, sie hätten sich verrechnet, es sei von „wenigen Kubikzentimetern bis mehreren hundert Kubikmetern“ auszugehen. Laugenzuflüsse hatten zuletzt im mit leicht- und mittelradioaktivem Abfall gefüllten Endlager Asse Probleme gemacht.
Die Wahl des Endlagers sei intransparent, sagte der Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler. Geologen warnen seit Langem davor, in Gorleben hochradioaktiven Müll einzulagern. Ab Donnerstag nächster Woche beschäftigt sich auch ein Untersuchungsausschuss im Bundestag damit, wie die Festlegung auf den Standort im Wendland zustande kam. Der Ausschuss bringe die Endlagersuche in Gorleben womöglich zum Scheitern, sagten Politikerinnen der SPD, Grünen und Linken der taz. HG
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