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Archiv-Artikel

Betr.: kinotaz nord

A

Ajami Israel/Deutschland 2009, R: Yaron Shani, Scandar Copti, D: Shahir Kabaha, Fouhad Habash

„Ajami“ heißt jener Teil der israelischen Stadt Jaffa, in dem die Regisseure Scandar Copti und Yaron Shani ihr mitreißendes Drama über Hass, Gewalt und Rache spielen lassen. Ein jüdischer Polizist sucht verzweifelt nach seinem Bruder; ein junger Palästinenser muss um sein Leben bangen, weil er sich in eine Jüdin verliebt hat. Der fiebrige Film beschreibt Israel als glühend heißen Schmelztiegel der Ethnien, der jederzeit überkochen kann, weil er viel zu klein ist für all die Menschen mit ihren Schicksalen.“ (Der Spiegel) HH, OL, OS

Alice im Wunderland USA 2010, R: Tim Burton, D: Mia Wasikowska, Johnny Depp

„In dieser visuell überbordenden Aneignung der beiden Carroll-Klassiker rahmt die Verlobung der Titelheldin eine klassisch dramatisch verlaufende Erzählung vom Sieg über die Tyrannei der großköpfigen Königin ein. Die subversive Kraft, der Wahnsinn und die rebellische Hysterie des Stoffes überdauern in den irritierend verzerrten Bildern, auf denen größenmäßig nichts zusammenpasst.“ (tip) BS, FL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

All Tomorrow‘s Parties Großbritannien 2009, R: Jonathan Caouette / Originalfassung ohne Untertitel

“All Tomorrow‘s Parties“ ist nicht nur ein Song von Velvet Underground, sondern auch ein Musikfestival, das 1999 von Musikliebhabern ins Leben gerufen wurde. Seitdem sind zehn Jahre vergangen - Zeit also, zurück zu blicken. Die „LA Weekly“ beschrieb den Film als „part concert film, part rebel manifesto“.“ (b-movie) HH

Alphaville : Lemmy Caution gegen Alpha 60 Frankreich 1965, R: Jean-Luc Godard, D: Eddie Constantine, Anna Karina

“Der Geheimagent Lemmy Caution - dank Eddie Constantine in Frankreich eine Kultfigur - gerät in eine entmenschlichte, computergesteuerte utopische Stadt, in der traditionelle Werte wie Liebe oder Trauer gewaltsam ausgemerzt werden. Indem Godard diese intelligente Mischung aus Science-Fiction und ,Schwarzer Serie‘ unverkennbar im Paris des Jahres 1965 ansiedelt, macht er klar, dass nicht die Zukunft, sondern bereits die Gegenwart voller Schrecken ist, dass Zeichen und Maschinen den Menschen mehr und mehr zurückdrängen. Befreiung bringen möglicherweise Poesie und Liebe. Einer der eindrucksvollsten Filme Godards.“ (Lexikon des internationalen Films) HH

Alvin und die Chipmunks 2 USA 2009, R: Betty Thomas

„Nach dem Erfolg des ersten Kinofilms um die singenden Streifenhörnchen gibt es ein Wiedersehen mit Alvin und Co. Schauplatz ist nicht mehr das Wohnzimmer von Ziehvater Jason Lee; stattdessen gehen die Chipmunks zur Highschool und treten im „Battle of Bands“ gegen eine rivalisierende Chipmunk-Girlgroup an. Der hoch gepitchte Hörnchengesang erschallt somit aus sechs Kehlen statt nur aus dreien. Ansonsten hält sich das Sequel, insbesondere was seinen Grundschulhumor angeht, streng an den Vorgänger.“ (tip) H, HB, HH, OL, SN

A Serious Man USA 2009, R: Joel & Ethan Coen, D: Michael Stuhlbarg, Richard Kind

„Auf denkwürdigen Umwegen bewegt sich dieses Werk der Coen-Brüder ins Jahr 1967, mitten hinein ins Suburbia-Universum von Minneapolis. Ihr Held ist ein jüdischer Collegeprofessor, an dem alle vorbei sehen, während ihm Ehekrise, Studenten-Erpressung, allgemeine Depression und ein paranoider Bruder zusetzen. Wer in dieser sehr makabren Komödie Hilfe bei den Rabbis (oder den Anwälten) sucht, ist verloren - aber in der Coen-Welt wartet ohnehin hinter jeder scheinbaren Erlösung noch eine Katastrophe mehr.“ (tip) HH, SN

A Single Man USA 2009, R: Tom Ford, D: Colin Firth, Julianne Moore

„Der Film „A Single Man“ ist das beeindruckende Regiedebüt des Modedesigners Tom Ford und basiert auf dem bekannten Roman „Der Einzelgänger“ von Christopher Isherwood. Colin Firth verkörpert den Uni-Prof George Falconer, der vom plötzlichen Unfalltod seines langjährigen Lebenspartners Jim erfährt und beschließt, Selbstmord zu begehen.“A Single Man“ zeichnet sich durch erlesene Optik und dezente, unaufdringliche Situationsschilderungen aus, die an die Handschrift des „American Beauty“-Regisseurs Sam Mendes erinnern. Die zartbittere Charakterstudie gleitet nie in Kitsch und Pathos ab, wenn auch in einigen Szenen die schwule Ästhetik etwas dick aufgetragen ist und die meisten Nebendarsteller wie Models aus der Haarspraywerbung aussehen.“ (Cinema) BS, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, OL, OS

Auf der Walz Deutschland 2009, R: Julia Daschner

„Julia Deschner nennt ihren Film einen dokumentarischen Essay. Und das ist er auch geworden. Immer mal wieder begleitet Julia Daschner die Gesellinnen Nina, Kerstin, Simon, Stefano und Flurin auf der Walz. Wenn man dem Presseheft Glauben schenken kann, dann hat Julia Daschner fast alles alleine gemacht: Die Aufnahmen mit einer 16 mm Kamera, den Ton, die Regie. Eine spezielle Tragekonstruktion für Kamera und Tonaufnahmegerät machte möglich, daß sie auch während der Wanderschaft der Handwerksgesellen und Gesellinnen Aufnahmen machen konnte: auf der Landstrasse, auf Baustellen und in Nachtquartieren.“ (b-movie) HH

Avatar USA 2009, R: James Cameron, D: Sam Worthington, Sigourney Weaver

„Dass James Camerons Science-Fiction ein wirklich visionärer Film geworden ist, liegt daran, dass sein Macher zu einer raren Hollywood-Spezies gehört: der des megalomanischen Autorenfilmers. Bei diesem Film gehen die Augen des Betrachters von Anfang an ein wenig weiter auf angesichts einer Science-Fiction-Welt, in der sich hyperbrillante, mit beiläufiger Eleganz inszenierte 3-D-Bilder und eine exzessiv überbordende, detailbesessen ausgemalte Fantasiewelt verbinden.“ (Die Zeit) BS, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

B

Das Bildnis des Dorian Gray Großbritannien 2009, R: Oliver Parker, D: Ben Barnes, Colin Firth

„Genuss ohne Reue, der Mythos von Schönheit und ewiger Jugend - die Themen, die Oscar Wilde in seinem 1891 veröffentlichten Roman „The Picture of Dorian Gray“ behandelt, sind heute aktueller denn je. Schon deshalb erscheint der Gedanke, die seinerzeit als anrüchig geltende Skandalgeschichte noch einmal zu verfilmen, äußerst zeitgemäß. Oliver Parker, der mit „Ein perfekter Ehemann“ und „Ernst sein ist alles“ bereits zwei Komödien von Oscar Wilde verfilmt hat, hält sich halbwegs an die Struktur der Vorlage, doch seine uninspirierte Adaption streift die philosophischen Ideen des Buches nur am Rande und setzt stattdessen auf billige Schockeffekte. Die kraftlose Inszenierung und die blassen Darsteller tragen diesen Klassiker der Weltliteratur zu Grabe, statt ihn neu zu beleben.“ (Cinema) BHV, BS, FL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

Blind Side - Die große Chance USA 2009, R: John Lee Hancock, D: Sandra Bullock, Tim McGraw

„Sandra Bullock glänzt in diesem Sportlermelodram als resolute Hausfrau, die einem mittellosen Jungen eine bessere Zukunft beschert. Trotz der bekannten Tränendrückerzutaten wie Ausgrenzung, aufkeimende Hoffnung und niederschmetternde Schicksalsschläge versinkt „Blind Side“ nicht in den Niederungen des Kitsches. Stattdessen bekommt der nachdrücklich erzählte Zusammenprall zweier Welten dank des mitreißenden Spiels von Sandra Bullock und Newcomer Quinton Aaron immer wieder die Kurve, den Zuschauer zu bewegen und nicht zu bedrängen.“ (Cinema) BHV, BS, DEL, FL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

Boxhagener Platz Deutschland 2010, R: Matti Geschonneck, D: Gudrun Ritter, Michael Gwisdek

„Jürgen Vogel ist ein geschniegelter Volkspolizist und Gudrun Ritter eine liebestolle Oma in dieser Milljöh-satten Verfilmung eines netten kleinen Romans von Torsten Schulz über einen Mordfall im Ost- Berlin des Jahres 1968. Regisseur Matti Geschonneck hat den Stoff brachial auf Klamotte getrimmt, was Nicht- Berliner Zuschauern mitunter leicht aufs Jemüt schlagen kann.“ (Der Spiegel) BHV, H, HH, HL, KI

C

Casablanca USA 1942, R: Michael Curtiz, D: Humphrey Bogart, Ingrid Bergmann

„Casablanca ist ein Ort der Läuterung und Entscheidung, für den es selbst keine Zukunft gibt. Dieser Zustand spiegelt nicht nur die Stimmung in Amerika zur Zeit des Krieges, sondern zeigt auch die Situation der Emigranten in Hollywood selbst.“ (Georg Seeßlen) HH

Coco Chanel & Igor Stravinsky Frankreich 2009, R: Jan Kounen, D: Anna Mouglalis, Mads Mikkelsen

„„Coco Chanel & Igor Stravinsky“ waren einander zugeneigt, doch die Leidenschaft, zu der sie nun im Kino füreinander entbrennen, loderte vielleicht doch nur in der Sphäre des Klatsches. Fest steht, dass die Modeschöpferin 1920, auf der ersten Höhe ihres Ruhms, den damals noch notleidenden Komponisten samt kränkelnder Ehefrau einen Sommer lang als Gäste auf ihrem Landsitz bewirtete. Die Französin Anna Mouglalis ist als Chanel eine elegante Schwärmerin, der Däne Mads Mikkelsen ein wild zergrübeltes Musikgenie. Im Übrigen präsentiert sich der ungemein luxuriös, doch ein wenig schwerfällig in Art-déco-Kleidern und -Räumen schwelgende Film als Prestigestück gesamteuropäischen Kulturkinos.“ (Der Spiegel) GÖ, H, HB, HH, KI, OL, OS

Cok Film HareketlerBunlar Türkei 2010, R: Ozan Açiktan, D: Eser Yenenler, Ersin Korkut

„In neun Geschichten erzählt der Film was alles geschehen kann, wenn sich das gesamte BKM-Küchenteam auf den Weg macht, um den perfekten Urlaub zu erleben. Jeder stellt andere Erwartungen an den idealen Urlaub, wobei sich die eine oder andere Verwicklung ergibt. Mit sprühender kreativität entstand ein anarischer, selbstironischer Ensemblefilm.“ (film.de) BHV, H, HB, HH, KI, OS

Cop Out - Geladen und entsichert USA 2009, R: Kevin Smith, D: Bruce Willis, Tracy Morgan

„Zwei New Yorker Polizisten jagen einer gestohlenen Baseball Card hinterher. Fade Actionkomödie, die typische Situationen der Cop/Buddy-Komödie aneinanderreiht. Bei der ersten Inszenierung eines fremden Drehbuches hat Regisseur Kevin Smith seinen typischen Humor leider vergessen.“ (tip) BHV, FL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

Crazy Heart USA 2009, R: Scott Cooper, D: Jeff Bridges, Maggie Gyllenhaal

„Seine besten Zeiten hat Bad Blake (Jeff Bridges) längst hinter sich; der alkoholsüchtige Country-Sänger schlägt sich mit Gigs in schäbigen Etablissements durchs Leben und reist dabei quer durch die USA. Als er sich in eine wesentlich jüngere alleinerziehende Mutter (Maggie Gyllenhaal) verliebt, dämmert ihm allmählich, dass er seinem Leben eine neue Richtung geben muss. Die Geschichte von der Läuterung eines abgehalfterten Losers gleitet dank eines wunderbar lakonischen Humors, herausragender Darsteller und mitreißender Musik nicht ins plakativ Moralische ab, sondern rundet sich zur gelungenen Tragikomödie.“ (Rheinischer Merkur) GÖ, HB, HH, KI

D

Date Night USA 2010, R: Shawn Levy, D: Tina Fey und Steve Carell

„“Date Night“ handelt von müden Eheleuten, die eines Tages aus ihrer Alltagsroutine gerissen werden, als man sie mit einem Gangsterpärchen verwechselt. Shawn Levys Komödie will zeigen, dass Verfolgungsjagden und wilde Schießereien die beste Paartherapie sind, spult aber das Abenteuer seiner Helden so lustlos und bieder ab, dass sich der Zuschauer schon bald die Ausübung aller ehelichen Pflichten zurückwünscht. Wenn Tina Fey in Dessous steigt, um als brave Gattin in einem Nachtclub das ganz verruchte Leben zu erfahren, wirkt sie weit spießiger als die republikanische Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin, die von Fey so wunderbar parodiert wurde.“ (Der Spiegel) BHV, BS, DEL, FL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

Drachenzähmen leicht gemacht USA 2010, R: Dean Deblois, Chris Sanders

„Seit Jahrhunderten kämpfen die Wikinger auf einer kleinen nordischen Insel gegen Drachen. Doch dann schließt ein junger Wikinger Freundschaft mit einem der feuerspeienden Reptilien. Mit liebenswerten Figuren, pointiertem Dialogwitz und wunderschönen CGI-Bildern glänzender 3D-Film, der vom Mut, zu sich selbst zu stehen und anderen mit Neugier und Offenheit zu begegnen, erzählt und dabei durch Humor, furiose Actionszenen sowie die feine Porträtierung seiner jungen Hauptfigur und ihrer Probleme überzeugt.“ (filmdienst) BHV, BS, DEL, FL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

E

Eggs Norwegen 1995, R: Bent Hamer, D: Sverre Hasen, Kjell Stormoen, Leif Andree / Originalfassung mit Untertiteln

„Moe und Far sind zwei über 70jährige Brüder. Immer schon leben sie zusammen in einem abgelegenen Haus, huldigen ihren Alltagsritualen, lieben und hassen sich, sind aufeinander angewiesen bis in die letzten Fasern ihrer Existenz. Als das sonst stumme Telefon klingelt, kündigen sich Veränderungen an. Konrad, der uneheliche Sohn Fars, wird angeliefert - ein unförmiger Koloß, im Rolstuhl sitzend. Die gemeinsam alt gewordenen Brüder bemühen sich durchaus um eine angemessene Aufnahme des nahen Verwandten. Aber das Gleichgewicht der Brüder ist irreparabel aus dem Lot. „Eggs“erscheint gleichzeitig klar und geheimnisvoll, ist urkomisch, denunziert seine Figuren jedoch an keiner Stelle. Eine skurrile wie lakonische Spielart filmischen Humors, die nicht zufällig an Jacques Tatis Stil der ambitionierten Absurditäten gemahnt.“(Filmdienst) HB

Eine zauberhafte Nanny: Knall auf Fall in ein neues Abenteuer Großbritannien 2010, R: Susanna White, D: Emma Thompson, Ralph Fiennes

„Drei Kinderbücher hat Christianna Brand in den 60er-Jahren geschrieben. Die Geschichten von „Nurse Matilda“ inspirierten Emma Thompson zu ihrem ersten „Nanny“-Drehbuch, das 2005 verfilmt wurde. Auch das Skript zur Fortsetzung stammt aus Thompsons Feder, doch weil die Ideen aus den Büchern aufgebraucht waren, musste sie sich diesmal eine eigene Geschichte ausdenken. Und die besteht zum Glück aus den gleichen wunderbaren Zutaten wie beim ersten Teil: kauzige Figuren, hysterischer Slapstick und eine irrwitzige Handlung, die nicht unbedingt für kleine Zuschauer geeignet ist. Und natürlich ist auch Nanny McPhee ganz die Alte. Erneut nutzt sie ihre magischen Kräfte, um den Kindern fünf Lektionen zu erteilen - und Maggies hinterlistigen Schwager, der sich die Farm unter den Nagel reißen will, in die Flucht zu schlagen.“ (Cinema) BHV, BS, DEL, FL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

Ein russischer Sommer Deutschland/Russland/Großbritannien 2009, R: Michael Hoffman, D: Helen Mirren, Christopher Plummer

„Ein russischer Sommer“, das ist der letzte Sommer des großen Leo Tolstoi (großartig verkörpert von Christopher Plummer). Der Autor von „Krieg und Frieden“ und „Anna Karenina“ verlebt diesen Sommer 1910 im Kreis seiner Familie und Freunde. Die streitlustige Ehefrau Sofja (Helen Mirren) reagiert mit Kummer und Zorn auf Tolstois Absicht, die Rechte an seinem Werk dem Volk zu schenken. Am Ende des Jahres verlässt der Schriftsteller seine Frau, nach fast 50 Jahren Zusammenleben und zehn Tage vor seinem Tod. Die Stärke dieses mitreißenden Films ist, im Ehedrama keine Partei zu ergreifen.“ (Der Spiegel) H, HH, HL

Empire St. Pauli Deutschland 2009, R: Irene Bude & Olaf Sobczak

““Empire St. Pauli“ besteht aus über 50 Interviews, die die Regiesseure Irene Bude und Olaf Sobczak geführt haben. Zu Wort kommen Künstler, Gastwirte, Rechtsanwälte, Manager, Bauprojektentwickler, Investoren und immer wieder die Anwohner. Sie alle sprechen über die Entwicklung des ehemals armen Stadtteils hin zu einem Stadtteil für Besserverdienende. Neben den Mietpreisen und den Neubauten sind es die Events, die St. Pauli verändern. Solche wie Hafengeburtstag, Harley-Davidson-Days, Schlagermove oder Welt-Astra-Tag, über die Autor und Musiker Rocko Schamoni sagt: „Alles was dumm und scheiße ist, findet hier statt. St. Pauli ist die Abmelkmaschine Hamburgs.““ (taz) HH

Die ewigen Momente der Maria Larsson Schweden/Dänemark/Norwegen/Finnland/Deutschland 2008, R: Jan Troell, D: Maria Heiskanen, Mikael Persbrandt

„Eine Arbeiterfrau in einer schwedischen Kleinstadt, Anfang des 20. Jahrhunderts von den Härten des Alltags ganz in Beschlag genommen, entdeckt das noch junge Medium der Fotografie. Der unspektakulär und höchst behutsam inszenierte Film vermeidet es, die gezeigten Konflikte künstlich zu dramatisieren, beobachtet vielmehr mit großer erzählerischer Ruhe die kleinen Veränderungen und das Auf und Ab in einem Lebensweg, dem die Fotografie wichtige Impulse liefert als emanzipatorischer Freiraum sowie als Möglichkeit, ein neues Verhältnis zur Wirklichkeit aufzubauen.“ (filmdienst) H, HB, HH, KI

F

Die Frau mit den 5 Elefanten Schweiz/Deutschland 2009, R: Vadim Jendreyko

„Bewegendes Porträt der 85-jährigen Übersetzerin Swetlana Geier, das nicht nur eine außergewöhnliche Frau und ihr Schicksal vor dem Hintergrund zweier Diktaturen vorstellt, sondern zugleich Einblicke in ihre akribische Arbeit gewährt und einen unterschätzten literarischen Schaffensprozess transparent macht. Eine sehr rücksichtsvolle Annäherung an einen Menschen, der mit seiner Übersetzungskunst Brücken zu schlagen versteht, wobei sich der Film seinem Sujet mit inszenatorischer Bedächtigkeit annähert.“ (filmdienst) HH

Free NYC USA 2009, R: Torsten Meyer / Originalfassung ohne Untertitel

„Ein weiterer Film, der aus Konzertmitschnitten besteht. Dieses Mal allerdings kostenlose Konzerte inmitten New York Citys. Der Wahl-New Yorker Torsten Meyer hat die Highlights der Jahre 2006-2009 zusammengestellt, die sich mittlerweile wie eine Hall-of-Fame des „Indie“ lesen. Vorhang auf für: Sonic Youth, Wire, Suicide, Dirty Projektors, Amanda Palmer, Anthrax und viele mehr.“ (b-movie) HH

Die Fremde Deutschland 2009, R: Feo Aladag, D: Sibel Kekilli, Derya Alabora

„Drama um einen geplanten „Ehrenmord“ an einer kurdischstämmigen Deutschen. Diese lässt ihre Zwangsehe in der Türkei hinter sich, um mit ihrem kleinen Sohn in Deutschland ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen. Dort sucht sie den Kontakt zu Eltern und Geschwistern - mit fatalen Folgen. Dank prägnanter Figurenzeichnungen, die nicht nur die zwiespältigen Motivationen der furios gespielten Hauptfigur, sondern auch der Täter differenziert durchleuchten, ein überzeugender, spannungsvoller Blick auf ein Reizthema in Sachen Integration.“ (filmdienst) H, HH, OL

Friedensschlag - Das Jahr der Entscheidung Deutschland 2009, R: Gerado Milsztein

„Die Kamera begleitet eine Gruppe von ihnen, die mit Hilfe des Projektes «Work & Box Company» versuchen, ihre Aggressionen abzubauen und wieder Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Das ist keine leichte Aufgabe, und die Sozialarbeiter, die sich um die «Schläger» bemühen, brauchen viel Geduld, haben dafür aber auch erstaunliche Erfolge. Mehr als 80 Prozent der Teilnehmer des Projektes sollen den Weg zurück in ein geregeltes, gewaltfreies Leben finden. Der Film, in dem sich auch die Mütter der gewaltbereiten Söhne zu Wort melden, beschönigt nichts. Die Darsteller sind keine Sympathieträger. Dennoch gelingt es Milsztein, das Thema mitreißend in Szene zu setzen und eine Stimmung zu erzeugen, die den Zuschauer mit bangen lässt, dass die Männer den Weg zur Selbsterkenntnis nicht vorzeitig verlassen.“ (Die Welt) H, HB, HH

Friendship! Deutschland 2009, R: Markus Goller, D: Friedrich Mücke, Matthias Schweighöfer

„Auf der Suche nach Abenteuer, Freiheit und einem Vater reisen zwei Jungs aus der DDR nach dem Mauerfall quer durch die USA. Basierend auf einer wahren Begebenheit, hat Mark Goller eine durchaus unterhaltsame Culture-Clash-Roadmoviekomödie inszeniert, die allerdings voller Klischees steckt und viel zu selten unter die Feelgood-Oberfläche geht.“ (tip) H, HB

Die Friseuse Deutschland 2010, R: Doris Dörrie, D: Gabriela Maria Schmeide, Natascha Lawiszus

“Schaff ick“ ist das Credo von Kathi König, der extrem dicken Heldin dieses Filmes, in dem davon erzählt wird, wie sie sich auch durch die widrigsten Umstände nicht klein kriegen lässt. Die arbeitslose Friseurin ist eine Frohnatur, die alles mit viel Energie und Leidenschaft anpackt.Kathi muss mit den demütigenden Ressentiments vieler ihrer Mitmenschen, den lethargischen Bürokraten beim Arbeitsamt und einem abschätzigen Existenzgründerberater fertig werden, aber ihr schöner Traum von einem eigenen Friseursalon gibt ihr eine verblüffende Standfestigkeit. Gabriela Maria Schmeide verkörpert sie mit soviel Wärme und Witz, dass diese im besten Sinne des Wortes merkwürdige Person einem auch lange nach dem Film nicht aus dem Sinn geht. Doris Dörrie zeigt den Berliner Marzahn, in dem Kathi aufgewachsen ist, und in den sie nun zurückgekehrt ist, als einen lebendigen Kiez ohne die gängigen Klischees von sozialer Verelendung. (hip) GÖ, H, HB, HH, HL, KI, OL, OS

From Paris With Love Frankreich 2010, R: Pierre Morel, D: John Travolta, Jonathan Rhys Meyers

„From Paris with Love“ legt den Mythos, die französische Kapitale sei die Stadt der Liebe, in Schutt und Asche. So schnell, wie der von Jonathan Rhys Meyers gespielte Held in Pierre Morels Action-Kracher von einem Kugelhagel in den nächsten taumelt, kann Amor seinen Pfeil gar nicht aus dem Köcher ziehen. Im Paris dieses Films hat man schon dreimal sein Leben verloren, bevor man nur einmal sein Herz verliert. In der Rolle eines Mitarbeiters der US-Botschaft gerät Rhys Meyers an einen höchst undiplomatischen John Travolta. Der wütet als Agent mit Lizenz zum Overkill durch die wirre Handlung um asiatische Drogenhändler und muslimische Terroristen. Travolta sieht aus, als hätte er viel Zeit in französischen Feinschmeckerlokalen verbracht, und wirkt trotz Glatze nicht allzu aerodynamisch. Doch der frenetische Schnitt bringt sogar ihn auf Touren. Ein Film wie eine Moulinette.“ (Der Spiegel) BS, DEL, H, HB, HH, OS

G

Gesetz der Straße – Brooklyns Finest USA 2009, R: Antoine Fuqua, D: Richard Gere, Ethan Hawke

Der Regisseur von „Training Day“ legt einen neuen Polizeithriller mit Starbesetzung vor. Unter anderem wirken dabei Richard Gere, Ethan Hawke, Wesley Snipes und Ellen Barkin mit. Es geht um drei sehr unterschiedliche Cops, die in Brooklyn für Recht und Ordnung sorgen wollen, doch dann aus diversen Gründen in persönliche Dilemmata geraten, die ihre Integrität auf eine harte Probe stellen. Trotz des großen Ensembles und dem weit ausgreifenden Stoff behält Fuqua den roten Faden seiner Geschichte fest im Auge und kreiert dank der glaubwürdig gestalteten Figuren einen spannenden Thriller über die moralischen Untiefen des Großstadtdschungels. (Rheinischer Merkur)BHV, BS, DEL, FL, GÖ, H, HB, HH, KI, LG, OS, SN

Der Ghostwriter USA/Deutschland/Frankreich/Großbritannien 2010, R: Roman Polanski, D: Tom Wilkinson, Olivia Williams

„„Ghost“ ist die Geschichte eines smarten ehemaligen britischen Premierministers namens Adam Lang, der nicht nur zufällig Ähnlichkeit mit Tony Blair hat. Der Ex-Premier muss seine Memoiren fertigstellen. Langs Verleger macht Druck, schließlich hat er dem Politiker zehn Millionen Dollar Vorschuss gezahlt. Wie in solchen Fällen üblich, wird ein Ghostwriter angeheuert - bereits der zweite. Der erste, ein langjähriger Mitarbeiter Langs, ist unter ungeklärten Umständen vor Martha‘s Vineyard ertrunken. Kaum sitzt der neue Ghostwriter dem Mann gegenüber, dessen Autobiografie er verfassen soll, gibt es Ärger. Seit Jahren ist der Politiker unter Beschuss, weil er den USA in den Irak-Krieg folgte. Nun ermittelt auch noch der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag gegen ihn, weil er als Premierminister britische Staatsbürger im Anti-Terror-Kampf verschleppen ließ, ein mutmaßliches Kriegsverbrechen - und ein ungewöhnlich aktueller, politisch brisanter Stoff für einen Thriller, gespickt mit bissigen Kommentaren über die USA.“ (Der Spiegel) BS, H, HB, HH, HL, KI

Giulias Verschwinden Schweiz 2009, R: Christoph Schaub, D: Corinna Harfouch, Bruno Ganz

„Während sie auf sie warten, um ihren fünfzigsten Geburtstag zu feiern, tauschen Giulias Freunde Allgemeinplätze über das Altern aus. Angesichts der unausweichlich mit dem Tod endenden Katastrophe allmählichen Verfalls versucht Schaub das Publikum auf humorvolle Gelassenheit einzuschwören. In Wahrheit stiehlt er ihm mit seinem langweiligen Film die Zeit.“ (tip) BS, H, HH, KI

Greenberg USA 2010, R: Noah Baumbach, D: Ben Stiller, Greta Gerwig

„Roger Greenberg ist wütend auf die Welt, seine Zeit verbringt er am liebsten mit dem Schreiben von Leserbriefen und Beschwerden. Noch unzufriedener aber ist er mit sich selbst, weil er nichts erreicht hat und nichts anzufangen weiß mit seinem Leben. Im Haus seines Bruders in L. A. erholt sich der New Yorker Stadtneurotiker von einem Nervenzusammenbruch. Hier trifft er alte Freunde wieder, kümmert sich um einen kranken Schäferhund und verliebt sich in die orientierungslose Haushaltshilfe Florence (ungekünstelt: Greta Gerwig). „Greenberg“ ist nicht so tiefgründig wie „Der Tintenfisch und der Wal“, doch auch diesmal entwickelt Regisseur Noah Baumbach ein feines Gespür für die emotionalen Untiefen seiner Figuren. Das ist hinreißend komisch, todtraurig und auch ein bisschen nervig.“ (Cinema) H, HB, HH

Green Zone USA 2009, R: Paul Greengrass, D: Matt Damon, Jason Isaacs

“Green Zone“ wurde das Bagdader Regierungsviertel nach dem Einmarsch der US-Truppen in den Irak genannt. Von hier aus bricht Armee-Offizier Roy Miller (Matt Damon) mit seiner Einheit auf, um nach Massenvernichtungswaffen zu suchen, kommt aber ins Grübeln, weil er partout keine findet. Basierend auf einem Sachbuch von Rajiv Chandrasekaran, dem früheren Irak-Korrespondenten der „Washington Post“, inszeniert der Brite Paul Greengrass (“Die Bourne-Identität“) den Kampf zweier Genres: Der Polit-Thriller, der von gezielten Fehlinformationen und Intrigen erzählt, wird allerdings vom Kriegsfilm, der Hals über Kopf ins Gefecht stürmt, komplett überrannt. Es herrscht Chaos statt Konzentration, und eine wüste Wackelkamera lässt den Zuschauer bald nur noch einen Feind spüren: den eigenen Magen. Ein ungestümer, fast hysterischer Aufklärungsfilm.“ (Der Spiegel) DEL, FL, GÖ, H, HB, HH, KI, LG, OL, OS, SN

H

Hassan und Morkos Ägypten 2008, R: Rami Imam, D: Adel Imam, Omar Sharif / Originalfassung mit englischen Untertiteln

„Ein koptischer Theologe wird von Extremisten verfolgt und muss gegen seinen Willen in die Rolle eines Imams schlüpfen. Zu gleicher Zeit flüchtet ein friedfertiger Scheich, der sich weigert, die Führung einer bewaffneten islamistischen Gruppe zu übernehmen, und erhält von den Sicherheitskräften eine christliche Identität. Eine rasante Verwechslungskomödie mit den beiden Superstars Adel Imam und Omar Sharif, die die humanistische Botschaft des Films wunderbar herüberbringen.“ (Metropolis) HH

Das Haus der Lerchen Italien 2007, R: Paolo & Vittorio Taviani, D: Paz Vega, Moritz Bleibtreu

„Das Drama einer armenischen Familie nimmt mit der türkischen Machtübernahme seinen Lauf. Die Taviani-Brüder schildern den brutalen Völkermord an den Armeniern mit viel Blutrausch und Herzschmerz.“ (taz) HH

Hier kommt Lola! Deutschland 2010, R: Franziska Buch, D: Meira Durand, Felina Czycykowski

„Eine liebenswerte, wenn auch nicht gerade normale Familie hat die temperament- und phantasievolle Lola (Meira Durand) bereits, was ihr noch fehlt, ist eine echte beste Freundin, mit der sie alles teilen kann. Nach einem Umzug nach Hamburg hofft sie, diese an ihrer neuen Schule zu finden. Das erweist sich als gar nicht so einfach. Basierend auf einer Romanserie, entwirft der Film mit überwältigender Spiellust nichts Geringeres als eine wirklich anrührende Lebensutopie, die Zuneigung, Toleranz und die Möglichkeit, auch über Verschiedenheiten hinweg zusammenzuhalten, feiert. Der bildgestalterische Witz überzeugt dabei ebenso wie die guten Darsteller.“ (Rheinischer Merkur) BS, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

I

Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen Deutschland 2010, R: Hajo Schomerus

„Sechs christliche Konfessionen teilen sich den Zugang zum Grab Christi, das geht nicht immer ohne Streit: Der Dokumentarfilm „Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen“ räumt den Gläubigen respektvoll Redezeit ein und gewinnt daraus doch fast so etwas wie eine skeptische Phänomenologie des Religiösen.“ (tip) HH

J

Jerry Cotton Deutschland 2010, R: Cyrill Boss, Philipp Stennert, D: Christian Tramitz, Christian Ulmen

„Vom Groschenhefthelden Jerry Cotton inspirierte Parodie auf Detektiv-/Polizei-/Agentenfilme, die im Unspezifischen und Unoriginellen stecken bleibt: hier ein bisschen Noir-Detektiv, dort ein wenig Bond, Inspektor Clouseau lässt von fern ebenfalls grüssen. Stil hat das nicht, dafür hätte man das Triviale ernst nehmen müssen.“ (tip) H, HB, HL, KI

K

Kampf der Titanen USA 2010, R: Louis Leterrier, D: Sam Worthington, Ralph Fiennes

„Bei der jetzt anlaufenden Neuversion von „Kampf der Titanen“ sehen die digitalen Monster auch nicht realer aus als die 1981 per Hand von Stop-Motion-Pionier Ray Harryhausen animierten Monsterpüppchen. Auch die Gestaltwerdung der griechischen Götter wirkt nicht unbedingt seriöser als die damals von Laurence Olivier und Ursula Andress im Nachtgewand dargestellten Zeus und Aphrodite.“ (epd-film) BHV, BS, DEL, FL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, SN

Der Kautions-Cop USA 2010, R: Andy Tennant, D: Jennifer Aniston, Gerard Butler

„Ein Kopfgeldjäger soll seine Ex-Frau in den Knast bringen, doch auf der Reise zurück nach New York lauern allerlei Problemchen und alte Gefühle. Konfektionsware voller Konstruktionsfehler und einer erschreckend unsympathischen Hauptdarstellerin.“ (tip) BHV, BS, DEL, FL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, SN

Die Körperfresser kommen USA 1977, R: Philip Kaufman, D: Donald Sutherland, Brooke Adams

„Außerirdische Lebewesen vernichten auf unerklärliche Weise die Identität von Menschen und entwickeln sich ohne äußere Veränderungen zu ihren Doppelgängern. Bis auf den Schluß ein getreues Remake des gleichnamigen Don-Siegel-Films von 1956. Durch die auf äußere Effekte ausgerichtete Inszenierung wird die tiefere Dimension der Horrorgeschichte nicht erfaßt.“ (Lexikon des internationalen Films ) HH

L

Lebenszeichen Deutschland 2007, Medienprojekt Wuppertal

„Ritzen, Kratzen und Schneiden – was bringt junge Menschen dazu, sich selbst zu verletzen? Die Gründe sind vielfältig, doch eins steht fest: Die Schnitte, die sich vor allem Mädchen und junge Frauen zufügen, sind ein Sinnbild für große innere Not, für die sie häufig kein anderes Ventil finden, als die Gewalt gegen sich selbst. Fünf junge Frauen im Alter von 16 bis 20 Jahren aus verschiedenen sozialen Schichten beschreiben eindringlich und Mut machend ihren Weg aus diesem Teufelskreis. Die Protagonistinnen standen hinter und vor der Kamera, waren Autorinnen und führten Regie, denn der Film entstand im Medienprojekt Wuppertal.“ (Kino 46) HB

Lourdes Östertreich/Deutschland/Frankreich 2009, R: Jessica Hausner, D: Sylvie Testud, Lea Seydoux

„Für Kranke bedeutet Lourdes die Hoffnung auf Heilung. Auch für die an multipler Sklerose erkrankte Christine. Sie besucht den Wallfahrtsort mit einer von Maltesern betreuten Pilgergruppe. Als das „Wunder“ geschieht und Christine aus ihrem Rollstuhl aufsteht, provoziert das nicht nur Freude, sondern auch Neid und Zweifel. Der Film fängt das Treiben in Lourdes und die Dynamik in der Pilgergruppe in streng komponierten Bildern ein. Satirische Spitzen über die kommerziellen Auswüchse im Ort blitzen auf, ohne dass die Ernsthaftigkeit der Heilssuche diskreditiert würde. Eine doppelbödige Reflexion über die „Zumutung“ des Glaubens.“ (Rheinischer Merkur) H, HB, HH

M

Männer, die auf Ziegen starren USA 2009, R: Grant Heslov, D: George Clooney, Jeff Bridges

„In seinem Buch „Durch die Wand: Die US-Armee, absurde Experimente und der Krieg gegen den Terror“ beleuchtet Jon Ronson verbürgte Geheimmethoden für eine alternative Kriegsführung - inklusive Versuchen, sich unsichtbar zu machen, und unmenschlicher Foltermethoden wie die Beschallung Gefangener mit der Titelmelodie der „Sesamstraße“. Regisseur Grant Heslov hat aus diesem Tatsachenroman nun eine irrwitzige und (gewollt) konfuse Armeegroteske mit wilden Zeitsprüngen und kauzig-entrückten Figuren wie dem pazifistischen Armeeguru Bill Django (Jeff Bridges) gezaubert. Dessen Motto: LSD und Ecstasy sind besser als Panzer und Maschinengewehre. Ganz zu schweigen von Funkelaugen und übersinnlicher Sensibilität. Jenseits aller Scham toben sich George Clooney und Co. in dieser respektlosen Armeeparodie aus. Und ihre Laune ist ansteckend. Allerdings driftet die Story gegen Ende völlig ins esoterische Durcheinander ab.“ (Cinema) GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OS

N

Nacht vor Augen Deutschland 2008, R: Brigitte Maria Bertele, D: Hanno Koffler, Petra Schmidt-Schaller

„Ein junger deutscher Zeitsoldat, der traumatisiert von seinem Einsatz in Afghanistan zurückkehrt, lebt seinen Selbsthass und seine widersprüchlichen Gefühle an seinem achtjährigen Halbbruder aus, dessen kindliche Weichheit er verachtet. Mit martialischen Methoden will er ihn zum ,Mann‘ machen. Als sein Verhalten immer auffälliger wird, muss er sich einer Zwangsbehandlung unterziehen. Ein emotional aufgeladenes Drama, das nach einem holprigen Anfang zunehmend an Glaubwürdigkeit gewinnt; der überzeugende Darsteller vermittelt dabei überzeugend die seelischen Nöte seiner Figur.“ (Lexikon des internationalen Films) HB

Nordsee ist Mordsee Deutschland 1975, R: Hark Bohm, D: Uwe Enkelmann, Dschingis Bowakow

„Zwei 14-jährige Jungen versuchen dem bedrükkenden Zuhause in einem Hamburger Arbeitervorort zu entfliehen, indem sie erst mit einem selbstgebauten Floß und später mit einem gestohlenen Segelboot elbabwärts der offenen See zustreben. Hark Bohms zweiter großer Spielfilm nach ,Tschetan, der Indianerjunge‘ ist eine schön fotografierte und feinfühlig inszenierte Außenseiter- und Freundschaftsgeschichte. Bohm versucht nicht nur eine kritische Darstellung entwicklungsgefährdender sozialer Verhältnisse, er zeigt auch eindrucksvoll die Notwendigkeit von Zuneigungs- und Solidaritätserfahrungen.“ (Lexikon des internationalen Films) HH

Nothing Personal Niederlande/Irland 2009, R: Urszula Antoniak, D: Lotte Verbeek, Stephen Rea

„Eine junge Holländerin bricht zu einer Reise durch Irland auf, um eine gescheiterte Ehe und alle sozialen Bindungen hinter sich zu lassen. Als ihr ein intellektueller Eigenbrötler gegen Gartenarbeit Kost und Logis anbietet und dies an die Bedingung knüpft, jeden menschlichen Kontakt zu meiden, scheint dies ein ideales Arrangement, das sich auf Dauer aber nicht einhalten lässt. Ein von zwei hervorragenden Darstellern getragenes Drama, das mit reduzierten, aber äußerst präzise eingesetzten filmischen Mitteln den Prozess der Annäherung zweier Einzelgänger verfolgt und in eindrücklichen Bildern spiegelt.“ (filmdienst) BS, GÖ, HB, HH

P

Percy Jackson - Diebe im Olymp USA 2010, R: Chris Columbus, D: Uma Thurman, Pierce Brosnan

„Percy Jackson ist ein normaler Teenager, der bei seiner Mum wohnt und seinen Vater nie kennengelernt hat. Als sich bei einem Schulausflug die Aushilfslehrerin in eine Furie verwandelt und auch der Lehrer im Rollstuhl plötzlich seine wahre Gestalt zeigt, wirds dem Jungen zuviel. Es wird ihm mitgeteilt, dass er der Sohn des griechischen Gottes Poseidon ist und nun in einem „Halb-Götter-Camp“ seine Ausbildung beginnen soll.Die Story ist flott inszeniert und punktet vor allem in der ersten Hälfte mit einer schönen Portion Frechheit (besonders durch Brandon T. Jackson als Plaudertaschen-Sidekick) und netter Action.“ (outnow) BS, GÖ, H, HB, HH, KI, OS

Plastic Planet Österreich/Deutschland 2007, R: Werner Boote

„Plastik tötet. Es löst Allergien aus, schädigt unser Hormonsystem und kann Krebs erzeugen. Der Österreicher Werner Boote, dessen Großvater zu den Pionieren der Kunststoffindustrie gehörte, hat in verschiedenen Ländern Beweise dafür gefunden, dass Plastiksubstanzen längst zu einer ernsthaften Bedrohung für Mensch und Umwelt geworden sind. Das Ergebnis ist ein ebenso erschreckender wie erhellender Report, der unser Konsumverhalten verändern könnte - und sollte.“ (Cinema) HH

Precious – Das Leben ist kostbar USA 2009, R: Lee Daniels, D: Gabourey Sidibe, Mo‘Nique

„Porträt einer extrem übergewichtigen schwarzen 16-Jährigen aus dem New Yorker Stadtteil Harlem, die von ihrem Vater vergewaltigt und von der Mutter misshandelt wird. Ein packendes Drama, das die trostlose Bilanz der Lebensumstände in den sozialen Ghettos moderner Großstädte mit einer widerständigen Entwicklungsgeschichte verbindet. Das provozierende Melodram begnügt sich dabei nicht mit dem ungeschminkten Blick hinter die Fassaden der Wohlstandsgesellschaft, sondern zeigt auch, wie soziales Engagement und Hartnäckigkeit das Schicksal verändern können.“ (filmdienst) BHV, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, OS

R

Recovery - Wie die Seele gesundet Schweiz 2008, R: Dieter Gränicher„Einmal Klinik, immer Klinik und ein Leben lang Medikamente, das bekommen psychisch erkrankte Menschen oft zu hören. Die Psychiatrie stellt Symptome und Defizite ins Zentrum und weniger die Stärkung der gesunden Seiten als wichtiger Aspekt einer Genesung - wie das Konzept „Recovery“, das Dieter Gränicher an mehreren Beispielen vorstellt.“ (Kino 46) HB

Red Road Großbritannien/Dänemark 2006, R: Andrea Arnold, D: Kate Dickie, Rony Curran / Originalfassung mit Untertiteln

„Eine Sicherheitsangestellte der Videoüberwachung in Glasgow erkennt auf einem ihrer Monitore jenen Mann, der den Tod ihres Mannes und ihrer kleinen Tochter verschuldet hat. Sie verlässt die Sicherheit ihres Beobachtungspostens und folgt dem Fremden in die Glasgower Vorstadt, wo sie mit der Verlorenheit und der trotzigen Hoffnung der Bewohner konfrontiert wird. Obwohl ihr Feindbild ins Wanken gerät, sinnt sie auf Rache. Der ruhig, nahezu lyrisch erzählte Debütfilm fängt die Szenerie der Stadt in spröder Schönheit ein und hält trotz eines dramaturgischen Bruchs am Ende seine Spannung und seinen Zauber.“ (filmdienst) HH

Remember Me USA 2010, R: Allen Coulter, D: Robert Pattinson, Emilie de Ravin

„In diesem bewegenden Liebesdrama über zwei verwundete Seelen brilliert „Twilight“-Star Robert Pattinson in der Rolle eines zornigen Rebells. “Remember Me“ ist kein brutaler Film - und steckt doch voller Gewalt. Er handelt davon, was sich Menschen gegenseitig antun und wie sie sich selbst verletzen. Mit einer Verwundbarkeit, die an James Dean erinnert, verkörpert Robert Pattinson den zornigen Rebellen, dessen kleine Schwester in der Schule gemobbt wird und der sich mehrere Jahre nach dem Selbstmord seines Bruders in die Tochter eines Polizisten verliebt.“ (Cinema) BHV, BS, DEL, FL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

Rock It Deutschland 2010, R: Mike Marzuk, D: Emilia Schüle, Daniel Axt

„Eigentlich soll die 15-jährige Pianistin Julia (Emilia Schüle) für die Aufnahmeprüfung am konservativen Musikinternat Amadeus proben, doch stattdessen rockt sie heimlich mit der Band des attraktiven Sängers Nick (Daniel Axt). Die seichte Internatskomödie erinnert in manchen Momenten an den unbeholfenen Charme der Paukerfilme aus den frühen 70ern. Doch allen Klischees zum Trotz: „Rock It!“ macht Spaß - was vor allem am unbeschwerten Spiel der jungen Darsteller liegt.“ (Cinema) H, HB, HH, HL, LG, OL, OS

S

Die Sadisten des Satans (Satan’s Sadists) USA 1969, R: Al Adamson, D: Russ Tamblyn, Regina Carrol

„Schon der Titel ist ja unbezahlbar, und die Werbung legte 1969 noch einen drauf „Human garbage - in the sickest love parties!“, um dann „Motorcycle Maniacs“, „Fantastic Fights“ und Regina Carrol als „The Freak-out Girl“ zu versprechen. Wie dem auch sei: Russ Tamblyn, der Riff aus „West Side Story“, spielt hier einen verrückten Biker, der mit seiner Gang mordend und vergewaltigend durch den Südwesten der USA brummt. Nichtsahnenden College Girls LSD in den Kaffee zu tun - das ist nicht nett. Aber ein Vietnam-Veteran zeigt den Bösewichtern, was er im Krieg gelernt hat.“ (b-movie) HH

Schwerkraft Deutschland 2008, R: Maximilian Erlenwein, D: Fabian Hinrichs, Jürgen Vogel

„„Schwerkraft“ erzählt von einem Anlageberater, der eines Tages begreift, dass es mehr Spaß macht, den Menschen direkt in die Tasche zu greifen und ihre Wohnungen auszurauben. Maximilian Erlenweins Debütfilm, im Januar mit dem Max-Ophüls-Preis prämiert, zeigt einmal mehr, dass deutsche Regisseure das Bankwesen für das Reich des Bösen halten, in dem Biedersinn und Kaltherzigkeit regieren. Dieses Bild ist inzwischen freilich so wohlfeil, dass es für einen Film nur noch wenig erzählerisches Kapital abwirft. Erlenwein jongliert mit vielen Klischees - missgünstigen Kolleginnen, düsteren Ex-Knackis und radebrechenden Russenmafiosi -, doch trotz vieler guter Ansätze bekommt er die Bälle nicht so recht in Schwung, und das liegt nur zum Teil an der Schwerkraft.“ (Der Spiegel) BS, HB, HH

Sherlock Holmes USA 2009, R: Guy Ritchie, D: Robert Downey, Jude Law

„Werkfern und -fremd: Der legendäre Detektiv als viktorianischer Action-Held, hier dem angeblich toten, aber munter mordenden Lord Blackwood auf der Spur. Robert Downeys Spielfreude und sein exzentrischer wie handfester Holmes sind das einzige Glanzlicht eines murksigen, auf Multiplex gebürsteten Films.“ (tip) H, HB

Shutter Island USA 2010, R: Martin Scorsese, D: Leonardo DiCaprio, Mark Ruffalo

„Wer die gleichnamige Romanvorlage von Dennis Lehane nicht kennt, wird vom finalen Twist ebenso überrascht sein wie von der meisterlich inszenierten Atmosphäre dieser sehr akkuraten Adaption. Hatte Regie-Ikone Scorsese mit „Kap der Angst“ bereits sein Talent für packende Suspense unter Beweis gestellt, geht er hier noch einen Genreschritt weiter. Mit wabernden Nebelschwaden und anderen klassischen Gruselfilmstilmitteln erzeugt Scorsese eine verblüffende Künstlichkeit, die rückblickend - und das ist der grandiose Clou von „Shutter Island“ - völlig plausibel wird. Dazu trägt auch Scorseses Stammschauspieler Leonardo DiCaprio entscheidend bei. Seine zunehmend panische Darbietung wirkt wie die erschreckende Personifikation der Politparanoia, die in den USA der 50er-Jahre herrschte. Auch aufgrund dieser Vielschichtigkeit sehr sehenswert!“ (Cinema) BS, FL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

Soul Kitchen Deutschland 2009,R: Fatih Akin, D: Adam Bousdoukos, Moritz Bleibtreu

„“Soul Kitchen“ ist ein Hamburg-Film, weil er in Hamburg-Wilhelmsburg spielt, weil er in Hamburg lebende Schauspieler wie Birol Ünel oder Demir Gökgöl versammelt und die Geschichte einige strukturelle Anknüpfungspunkte liefert. Es geht um den jungen Zinos, der die Kneipe „Soul Kitchen“ betreibt und sich als Hamburger Grieche nach Nestwärme sehnt. Wie bei Akins früheren Erfolgen spielt Migration eine Rolle, der wesentliche Hamburg-Bezug aber ist das Phänomen der Gentrifizierung, der Verlust von Stadtkultur, weil sich Investoren Immobilien unter den Nagel reißen und die (Lebens-)Künstler vertreiben. Dabei bleibt „Soul Kitchen“ zu jeder Zeit eine Komödie - mit einem Hang zum Klamauk.“ (taz) FL, GÖ, H, HB, HH, KI

T

Tanz mit dem Einhorn Bremen 2010, R: Jürgen J. Köster, D: Achim Ballhausen, Carolin Dittmar

„Jürgen J. Köster, Filmemacher und Dozent für Behindertenpädagogik und Medien, stellt seinen neuen Film nach „Wer, wenn nicht wir“ vor. Sieben Geschichten der anderen Art berichten von Menschen und ihren Erfahrungen mit seelischen Krisen. Menschen mit und ohne Psychiatrie-Erfahrung und aus sieben EU-Staaten haben hier vor und hinter der Kamera zusammengearbeitet. Manchmal kann der Weg aus der Krise auch die Verrücktheit sein.“ (Kino 46) HB

Tanzträume - Jugendliche tanzen „Kontakthof“ von Pina Bausch Deutschland 2010, R: Anne Linsel

„Ein mitreißender Dokumentarfilm in der Tradition des Erfolgsfilms „Rhythm Is It!“: 40 Schülerinnen und Schüler aus Wuppertaler Schulen proben ein Jahr lang das Stück „Kontakthof“ der mittlerweile verstorbenen Choreografin Pina Bausch. Einmal wöchentlich wird mit Bauschs Tänzerinnen Jo Ann Endicott und Bénédicte Billiet geprobt. Dabei verfolgt die Landzeitdoku, wie die Schüler langsam an der Herausforderung wachsen, wie sich ihr Verhältnis zum eigenen Körper ändert und sie sich in der Bewegung ein neues Ausdrucksspektrum erobern – und auch, wie sich die künstlerische Zusammenarbeit positiv auf den sozialen Zusammenhalt auswirkt.“ (Rheinischer Merkur) H, HH

Teufelskicker Deutschland 2009, R: Granz Henman, D: Diana Amft, Benno Fürmann

„Für Sportunderdogs hält das Kino immer wieder Erfolgsgeschichten bereit hält. Das ist auch bei den „Teufelskickern“ so. Anders als die „Wilden Kerle“ driftet diese Jugendbuchadaption aber nie in reine Fantasie ab, sondern versucht, zwischen Kickerturbulenzen und Teamgeistbeschwörung möglichst die Bodenhaftung zu behalten.“ (tip) BS, DEL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

Troubled Water Norwegen 2008, R: Erik Poppe, D: Pål Sverre Valheim Hagen, Trond Espen Seim

„Jan Thomas nennt sich, als er eine Stelle als Organist in einer Kirche antritt, nur „Thomas“. Sonst könnte sich ja jemand an seinen Namen erinnern, hinter dem ein dunkles Kapitel steht: Als Teenager verschuldete er den Tod eines Kindes. Doch in Form der Mutter seines einstigen Opfers holt ihn die Vergangenheit ein. Überzeugendes Psychodrama um den Umgang mit Schuld, dessen Kraft darin liegt, dass es auf moralische Urteile über seine Figuren verzichtet. Trotz einiger allzu plakativer Bilder gelingt dem Film ein berührender Einblick in das existenzielle Dilemma, in das eine Gewalttat sowohl Täter als auch Opfer verstrickt.“ (Rheinischer Merkur) HH, KI

Tsotsi Südafrika/Großbritannien 2005, R: Gavin Hood, D: Presley Chweneyagae, Mothusi Magano

“‘Tsotsi‘ ist gerade mal 19 Jahre alt, aber eine Zukunft hat er schon lange nicht mehr. Mit seiner Gangsterbande schlägt er sich durch sein Elendsviertel vor Johannesburg, und wenn er auf seinen Raubzügen jemanden tötet, nimmt ihn das nicht viel mehr mit, als schlüge er eine Fliege tot. Bis er nach einem Autodiebstahl ein Baby auf der Rückbank entdeckt, erst zum Ersatzvater und dann doch noch ein besserer Mensch wird. Mit dem Hauptdarsteller Presley Chweneyagae hat Regisseur Gavin Hood einen Glücksgriff getan und macht aus einer eher konventionellen Geschichte einen mitreißenden Film, der sich bei aller Ausweglosigkeit nicht scheut, ein bisschen Hoffnung durchschimmern zu lassen. Dafür gab es in diesem Jahr verdientermaßen den Oscar für den besten ausländischen Film.“ (Der Spiegel) HH

U

Übergeschnappt Niederlande 2005, R: Martin Koolhoven, D: Jesse Rinsma, Carice van Houten

„Der holländische Film nähert sich seinem Thema auf komödiantische Weise. Aus der Perspektive des Kindes erzählt, mit fröhlicher Musik, bunten Farben, schnellen Schnitten geht es um ein schwieriges Thema: Die neunjährige Bonnie lebt mit ihrer Oma und ihrer depressiven Mutter zusammen. Die lebenstüchtige Oma hält die Familie zusammen. Als sie stirbt, gerät alles aus dem Gleichgewicht. Die Mutter kommt nicht mehr aus dem Bett raus, weigert sich, ihre Medikamente zu nehmen, holt ihre Tochter im Pyjama aus der Schule ab. In ihren manischen Phasen verfällt sie dem Kaufrausch. Das Jugendamt wird aufmerksam. Nach einem besonders manisch-schönen Coup der Mutter soll das Kind ins Heim.Man könnte allerlei kritisieren an der Bearbeitung des Themas - trotzdem gefiel mir der Film recht gut. Vielleicht auch, weil er das Thema Tod sehr schön und für Kinder gut verständlich behandelt.“ (taz) HB

Um Mitternacht - Round Midnight Frankreich 1986, R: Bertrand Tavernier, D: Dexter Gordon, Francois Cluzet

Der Jazzmusiker Dexter Gordon spielt den genialen Tenorsaxophonisten Dale Turner (eine Mischung aus Charlie Parker und Bud Powell), der 1959 in Paris versucht, seine Dämonen Alkohol und Heroin zu besiegen. Ein französischer Jazzfan hilft ihm dabei. Eine große Liebeserklärung an den amerikanischen Jazz, wie sie nur ein Franzose machen konnte. Besonders gelungen sind die live eingespielten Musikaufnahmen von Gordon und Jazzern wie Herbie Hancock, Wayne Shorter und Freddie Hubbard. Für Woody Allen war Dexter Gordon in diesem Film ,der beste schauspielernde Nichtschauspieler aller Zeiten‘. (hip) OL

Unsere Ozeane Frankreich/Schweiz/Spanien 2009, R: Jacques Perrin, Jacques Cluzaud

„Als Regisseur und Produzent hat Jacques Perrin (“Mikrokosmos“, „Nomaden der Lüfte“) dem Genre der Tierdokumentation in Frankreich zu einer glänzenden Renaissance verholfen. Sein Plädoyer gegen die Überfischung der Meere kommt ohne Sentimentalisierung und (beinahe) ohne Didaktik aus. Sein überzeugendstes Argument ist die Schönheit.“ (tip) BS, H, HB, HH, HL, KI, OS, SN

V

Veda Atatürk: Der Abschied Türkei 2010, R: Zülfü Livaneli, D: Serhat Mustafa Kiliç, Dolunay Soysert / Originalfassung mit Untertiteln

„Zülfü Livaneli meldet sich nach langer Regle-Pause mit der größten Produktion des türkischen Kinos zurück. Es ist zugleich die Lebensgeschichte Atatürks und auch die Geschichte einer Freundschaft zweier Männer, die inEs ist die Lebensgeschichte Atatürks und auch die Geschichte einer Freundschaft zweier Männer, die in ihrer Kindheit begann, ihre Fortsetzung in der Kriegskameradschaft fand und sich in der Verfolgung ihrer Ideale in eine Bruderschaft verwandelte. Jene Freundschaft, die nach dem Tode des einen zum Selbstmord des anderen führte. Es ¡st zugleich die Geschichte der Gründung einer Republik, die sich heute aus politischen Widersprüchlichkeiten nicht retten kann.“ (cinecom) H, HB, HH, OS

Verdammnis Schweden/Dänemark/Deutschland 2009, R: Daniel Alfredson, D: Noomi Rapace, Michael Nyqvist

„„Verdammnis“ ist die Verfilmung des zweiten Teils der „Millennium“-Trilogie von Stieg Larsson, und sie beginnt mit dem bekannten Personal: Dem „Millennium“-Herausgeber Mikael Blomkvist wird von einem jungen Journalisten brisantes Material über Prominente angeboten, die Sex mit Zwangsprostituierten hatten. Der Journalist wird ermordet, ein Anwalt wird erschossen, und im Verdacht steht Lisbeth Salander, eine unkonventionelle junge Frau. Denn der Anwalt war ihr Vormund. Sie taucht unter und versucht, den wahren Mörder zu finden - wie Blomkvist auch. Es wird eine Reise in die Vergangenheit Salanders. Ohne cineastischen Überehrgeiz hat Regisseur Daniel Alfredson den schwedischen Bestseller verfilmt - geradlinig, spannend und grundsolide. Überragend wie auch im ersten Teil ist Noomi Rapace: Sie spielt die exzentrische Lisbeth kühl, rau und zugleich verletzlich, ohne kalkuliert auf Effekte zu setzen.“ (Der Spiegel) HB, HH, KI

Die 4. Revolution - Energy Autonomy Deutschland 2009, R: Carl-A. Fechner

„Die Umsetzung der Vision von einer weltweiten, dezentralen Energie-Autonomie hat bereits begonnen, während die atomar-fossil dominierte Primär-Energiewirtschaft versucht, dies zu verhindern. Komprimierte Information und Interviews mit Top-Managern und Experten in zehn Ländern.“ (tip) GÖ, HH, OS, SN

Vorstadtkrokodile 2 Deutschland 2010, R: Christian Ditter, D: Nick Romeo Reimann, Fabian Halbig

„Und wieder betätigen sich die Vorstadtkrokodile um Hannes (Nick Romeo Reimann) und seine Freundin Maria (Leonie Tepe) als Detektive. Ein hinterhältiger Sabotageakt muss aufgeklärt werden, um das Schließen einer Fabrik zu verhindern und damit die Arbeitsplätze in der Region zu sichern. Von dem Kultroman von Max von der Grün bleiben in diesem Sequel um die Abenteuer der legendären Jugendbande nur die Charaktere. Trotzdem erweist sich die Fortsetzung als gelungenes, unterhaltsames Jugendabenteuer mit sozialkritischem Hintergrund. Die punktgenaue Inszenierung macht den Film zur schwungvollen, gut getimten Action-Komödie.“ (Rheinischer Merkur) HB, KI

W

War Child USA 2008, R: Christian Karim Chrobog / Originalfassung mit Untertiteln

“Porträt des sudanesischen HipHop-Musikers Emmanuel Jal, der einst ein Kindersoldat war, später seinen anerzogenen Hass jedoch in kreative Kanäle umzulenken lernte und internationale Konzertbühnen erobern konnte. Der Film unterlegt Interviewszenen des Musikers mit Kriegsbildern und Konzertauftritten, beschreibt die private Aufarbeitung der Kriegserlebnisse, schildert das humanitäre Engagement Jals und zeigt am Ende die Heimkehr des Künstlers nach Jahren im Exil. Eine unpathetischer Dokumentation, deren politische Brisanz sich allerdings nicht automatisch erschließt.“ (Lexikon des internationalen Films) HB

Das weiße Band Deutschland/Frankreich/Italien/Österreich 2009, R: Michael Haneke, D: Christian Friedel, Ulrich Tukur

„Das weiße Band“ ist ein filmisches Exerzitium von Michael Haneke, dem wohl protestantischsten aller Autorenregisseure. In schwarzweißen, meist starren Bildern inszeniert der Österreicher das Leben in einem norddeutschen Dorf am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Haneke entwirft eine lebensfeindliche Welt, in der ein strenger Glaube und eine strikte soziale Rangordnung den Alltag bestimmen. Selbst in grandiosen Totalen, in denen sich nicht mal die Wolken bewegen, herrscht beklemmende Enge. Haneke, der für diesen Film bei den Festspielen in Cannes die Goldene Palme gewann, erzählt von einer Rebellion. Die Kinder des Dorfs, die unentwegt gemaßregelt und gezüchtigt werden, begehren heimlich gegen ihre Eltern auf. Doch befreiend ist dieser Aufstand nicht: Selten waren Kinder auf der Leinwand furchterregender als in diesem Film.“ (Der Spiegel) GÖ, H, HB, HH, HL, OL

When the Mountain meets its Shadow- Im Schatten des Tafelbergs Deutschland 2009, R: Alexander Kleider, Daniela Michel, Romin Khan

„Wer schon mitbekommen hatte, dass am Rande der WM-Vorbereitungen Slums geräumt werden, dem bestätigte der Dokumentarfilm „When the Mountain meets its Shadow“ der deutschen Filmkooperative Dok-Werk die schlimmsten Befürchtungen. Das Township Delft in der Nähe des Flughafens von Kapstadt ist eine Siedlung kleiner Häuser hinter Stacheldrahtzaun. Auf der anderen Straßenseite leben die ehemaligen Bewohner in schäbigen Wellblechhütten. „Sie kamen ohne Ankündigung, waren bewaffnet und haben uns aus unseren Häusern getrieben. Wer versuchte, seine Habseligkeiten mitzunehmen, auf den haben sie geschossen“, erzählt ein junger Mann in die Kamera. Im Kopf der Zuschauerin werden die Bilder brutaler Überfälle auf Townships aus „Cry Freedom“ von Richard Attenborough wieder lebendig. Und alles wegen der WM?“ (Frankfurter Rundschau) HH

Z

Zahnfee auf Bewährung USA 2010, R: Michael Lembeck, D: Dwayne „The Rock“ Johnson, Julie Andrews

„Weil Eishockeystar Derek Thompson seinen Gegnern regelmäßig die Zähne ausschlägt, trägt er den Spitznamen „Zahnfee“. Doch Derek zerstört nicht nur die Gesundheit seiner Gegenspieler, sondern auch den Lebenstraum eines jungen Fans. Zur Strafe wird er von einer höheren Macht dazu verdonnert, vorübergehend den Job einer Zahnfee zu übernehmen. Aus dieser abstrusen Idee hätte ein aberwitziger Anarchospaß werden können, doch Regisseur Michael Lembeck setzt vor allem auf plumpe Situationskomik - was sicher auch an der beschränkten Ausstrahlung von „Scorpion King“ Dwayne Johnson liegt.“ (Cinema) BHV, BS, DEL, FL, GÖ, H, HB, HH, HL, KI, LG, OL, OS, SN

Zeit des Zorns Deutschland/Iran 2010, R: Rafi Pitts, D: Rafi Pitts, Mitra Hajjar

„Der Mann ist Nachtwächter in einer Autofabrik in Teheran. Eines Tages, als er nach Hause kommt, sind Frau und Kind verschwunden. Nach langen Irrwegen durch die Bürokratie steht für ihn fest, dass die beiden versehentlich am Rand einer Demonstration erschossen wurden. Der Mann dreht durch, beginnt auf Polizisten zu schießen, und bald wird der Desperado vom Jäger zum Gejagten. Rafi Pitts, 42, iranischer Autor und Regisseur mit Wohnsitzen in Paris und Teheran, hat durch eindringlich karge, gleichnishafte Filmerzählungen internationale Aufmerksamkeit geweckt. Auch seinen vierten, teils in Teheran, teils in winterlich kahlen Bergwäldern gedrehten Spielfilm „Zeit des Zorns“ prägt ein intensiver, alptraumhafter Fatalismus: Überall ist Kafka-Land. Die Uraufführung war auf der Berlinale; wann der Film in Iran zu sehen sein wird, bleibt ungewiss.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, KI