: Brief aus Brüssel
EU-Justizkommissar Frattini will neue Rechte von Ausländern aus Drittstaaten wieder einschränken
BRÜSSEL dpa ■ Die gerade erweiterten Rechte von Ausländern bei der Arbeitssuche in Europa sollen nach dem Willen der EU-Kommission umgehend wieder eingeschränkt werden. Das hat EU-Justizkommissar Franco Frattini in einem Brief an die Botschafter aller 25 Mitgliedstaaten deutlich gemacht.
Frattini will verhindern, dass Menschen aus Drittstaaten, die lange in Europa leben, bei der Arbeitssuche besser gestellt werden als Bürger der zehn neuen EU-Länder. Dabei hatte eine neue EU-Richtlinie die Möglichkeiten der Drittstaatler mit Stichtag 23. Januar 2006 noch verbessert.
Die neue Richtlinie stellt beispielsweise einen Kanadier, Inder oder Senegalesen nach langjährig legalem Aufenthalt in einem EU-Land mit dessen Bürgern weitgehend gleich. Demnach darf etwa ein Türke nach zehn Jahren in Belgien für einen neuen Job nach Deutschland umzuziehen.
Frattinis Brief, der am Montag in Brüssel veröffentlicht wurde, stellt dieses Recht wieder in Frage: Es gelte nicht für Länder, die den Zuzug von Arbeitnehmern aus den neuen Mitgliedstaaten beschränkt haben. Deutschland, Österreich und einige andere alte EU-Staaten haben dies für eine Übergangszeit getan.
Frattini wollte mit seinem Brief einen Widerspruch zwischen den Übergangsregeln zur EU-Erweiterung und der neuen Richtlinie zu Ausländerrechten auflösen. Dabei ging es in erster Linie um Drittstaatler, die in den neuen EU-Ländern leben – also etwa Russen in den baltischen Staaten.
Diese Auslegung der Gesetzeslage weitet der Justizkommissar in seinem Brief auf alle langjährig in EU-Staaten lebenden Ausländer aus. Nach der Richtlinie zu Ausländerrechten „können“ die EU-Staaten prüfen, ob ein EU-Bürger einen Arbeitsplatz genauso ausfüllen kann wie ein Drittstaatler. Nach Meinung der Kommission „müssen“ sie dies nun tun, wenn sie Hürden für den neue EU-Bürger errichtet haben.
Frattinis Brief an die Botschafter ist rechtlich nicht bindend. Außerdem haben die meisten EU-Staaten – darunter auch Deutschland – die neue EU-Richtlinie noch nicht in nationales Recht umgesetzt, obwohl dies bis zum 23. Januar 2006 hätte geschehen müssen. Trotz der rechtlichen Grauzone, die daraus angesichts der Übergangsfristen für Osteuropäer entstehen könnte, besteht die Kommission aber auf einer raschen Umsetzung. Nur Dänemark, Großbritannien und Irland bleiben völlig unbehelligt: Sie brauchen die Richtlinie wegen einer rechtlichen Sonderstellung nicht in ihre eigenen Gesetze zu übernehmen.