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Archiv-Artikel

„Gefahr einer Korrektur nach unten“

Wer noch keine Aktien hat, sollte jetzt auch keine mehr kaufen, empfiehlt Anlegerschützer Klaus Schneider

taz: Herr Schneider, der DAX hat die psychologische Marke von 6.000 Punkten genommen – wie geht es weiter?

Klaus Schneider: Die Gefahr einer Korrektur nach unten steigt weiter an.

Wie weit nach unten?

Das weiß ich natürlich nicht. Aber es ist immer ein Warnsignal, wenn die Börse derartig schnell anzieht. Zur Jahreswende lag der DAX noch unter 5.500 Punkten.

Raten Sie also den Anlegern, ihre Aktien zu verkaufen?

Nicht unbedingt, denn die Alternativen sind noch schlechter. Staatsanleihen haben momentan nur eine Rendite von 2 bis 3 Prozent. Das entspricht der Dividendenrendite vieler Aktien. Wer schon Aktien hat, kann durchaus noch darauf spekulieren, dass die Börse um 5 Prozent steigt. Dann steht er besser da.

Eben klangen Sie noch nicht so optimistisch.

Es deutet nichts darauf hin, dass die Börse schon morgen einbricht. Aber es ist ein Risiko, dass die Preise und Zinsen weltweit zulegen. Mit umfangreichen Neuinvestitionen wäre ich daher vorsichtig.

Börsenoptimisten weisen darauf hin, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis viel günstiger sei als im Boomjahr 2000. Sie finden den Zinsanstieg nicht bedrohlich.

Im Jahr 2000 wurden viele Unternehmen aberwitzig hoch bewertet. Aber auch davon abgesehen können die Gewinne nicht marktübergreifend – wie zuletzt – jährlich um 20 bis 30 Prozent steigen. Das gibt es einfach nicht. Außerdem sind viele Gewinne nur durch die neuen internationalen Bilanzierungsregeln entstanden.

Das müssen Sie erklären.

Es wird aber kompliziert.

Trotzdem.

Es geht um Übernahmen und Fusionen. Bis zum 31. Dezember 2004 musste die Kaufsumme für eine Firma über mehrere Jahre abgeschrieben werden. Das hat den Konzerngewinn früher geschmälert.

Ist es nicht richtig, auf Abschreibungen zu verzichten? Der spanische Energiekonzern Endesa verliert doch nicht an Wert, falls Eon ihn kauft?

Aber durch diese Bilanzregeln wird es lukrativer, andere Firmen zu übernehmen – statt selbst zu forschen und in die Expansion zu investieren, was den Gewinn bilanztechnisch weiterhin schmälert. Das ist eine sehr bedenkliche Entwicklung.

INTERVIEW: ULRIKE HERRMANN