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Archiv-Artikel

Alte wollen‘s noch mal wissen

In Hamburg fordern Senioren heute eine altenfreundliche Stadtpolitik. Das geht von langsameren Ampelschaltungen bis hin zu günstigen Plätzen in der Oper

Vor einem Jahr genau hat Hamburgs SPD-Seniorengruppe „60 Plus“ auf der Straße für ein modernes Schulsystem geworben. Am diesjährigen „Tag der älteren Generation“ gönnt sie sich mal wieder einen Kampf in eigener Sache. In Gesprächen wollen der Vorsitzende Rudolf Herbers und seine Mitstreiter heute die jungen Bezirks- und Rathauspolitiker von einem „Leitbild“ für eine neue Seniorenpolitik überzeugen, wie es der Hamburger Bezirk-Mitte bereits parteiübergreifend verabschiedete.

„Es geht darum, alle Maßnahmen auf ihre Wirkung auf Senioren hin zu überprüfen“, berichtet Herbers. Dies sei wichtig, weil 450.000 Senioren, die immerhin ein Viertel der Stadtbevölkerung ausmachen, heute nicht mehr „Aspiranten fürs Altersheim“ seien, sondern zwischen 60 und 80 noch 20 Jahre lang aktiv am Leben teilnehmen und lange selbstständig sein wollen.

Da ist es ein Hindernis, dass es in vielen Stadtteilen gar keine Einkaufsläden mehr gibt, die zu Fuß zu erreichen sind, denn Autofahren wird für Alte oft gefährlich. Zudem seien Fußwege oft zu schmal, und die Phasen der Fußgängerampeln für Senioren zu kurz. Auch müsste es mehr altengerechte Wohnungen geben, die den teuren Aufenthalt in Heimen hinauszögern helfen.

Ein Ärgernis seien aber auch die teuren Kultur- und Bildungsangebote. „Die Freizeit vergrößert sich, der Freizeitetat aber nicht“, mahnt der 70-Jährige. Zwar gebe es „blumige Vorstellungen“ darüber, wie gut es den Rentnern heute gehe, doch im Schnitt hätten Männer 1.000 und Frauen sogar nur 500 Euro im Monat zur Verfügung.

Hingegen wurden die Gebühren für die öffentlichen Bücherhallen just verdoppelt und auch der Rentnertarif bei der Volkshochschule gerade abgeschafft. Und in Theatern und Museen gebe es allenfalls noch günstige Tarife für Familien mit Kindern.

„Wir fordern ja gar nicht den Eintritt zum halben Preis“, sagt Herbers. „Aber man könnte Museen zu Zeiten, in denen wenig Betrieb ist, günstiger machen.“ So biete ein privates Museum den Montag für 2,50 Euro an und sei „rappelvoll“. Und auch die hinteren Plätze in der Oper könne die Stadt günstiger anbieten.

Die jungen Alten sehen sich aber nicht nur in der Nehmer-, sondern auch in einer Geberposition. „Schauen sie sich in den Vorständen von Sportvereinen und Parteien um, dort sind fast nur Senioren aktiv“, berichtet der Rentner. Die ältere Generation halte durch ihre ehrenamtliche Arbeit einen „großen Teil des bürgerlichen Apparats aufrecht“. Kaija Kutter