: Das Riesenratespiel am Zoo
Eine Minifirma will einen Riesendeal wuppen: Die World Wheel GmbH verspricht ein 80 Millionen Euro teures Riesenrad am Zoo. Wie sie es bezahlen will, ist unklar. Grüne fordern mehr Kontrolle
VON ULRICH SCHULTE
Erweist sich das Riesenrad am Zoo als Riesenluftnummer? Das fragen sich die Grünen, während ein Investor, assistiert vom Finanzsenator, von einer 175 Meter hohen Touristenattraktion auf einem Grundstück neben dem Zoologischen Garten träumt. „Der Senat darf das Gelände nur verkaufen, wenn klar ist, dass damit weder fürs Land noch für den Zoo Risiken verbunden sind“, sagt die stadtentwicklungspolitische Sprecherin Claudia Hämmerling. Ihre Partei will jetzt einen Antrag ins Parlament einbringen, der Bedingungen für die Veräußerung formuliert.
Es geht um enorme Summen: Der Investor, die World Wheel Berlin Holding GmbH, will das Landesgrundstück für 22 Millionen Euro kaufen, die Kosten für das Riesenrad schätzt Geschäftsführer Michael Waiser auf 80 Millionen Euro. Woher der Geldregen kommen sollen, ist unklar: Dem Vernehmen nach soll ein Fonds aufgelegt werden, in den andere Firmen und Banken einsteigen könnten.
Während Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) das Gelände nordwestlich des Hardenbergplatzes samt Zoo-Wirtschaftshof bereits persönlich taxierte, ist über die Zahlungsfähigkeit der Rad-Fans wenig bekannt. In der Verkehrsverwaltung erklärt man sich nur für den Standort zuständig, und die Finanzverwaltung bleibt vage: „Im Interessenbekundungsverfahren werden die Bonitätsfragen geklärt“, sagt Sarrazins Sprecher Matthias Kolbeck. Neben World Wheel gebe es schließlich noch andere Interessenten.
Das Unternehmen bringt sich aber am offensivsten ins Gespräch. Es eine Minifirma, die den Riesendeal wuppen will: Gerade mal einen Mitarbeiter weist eine Creditreform-Analyse vom Dezember 2005 aus, die der taz vorliegt – Waiser selbst. Als Geschäftszweck vermerken die Analysten des Verbandes, der Firmen Informationen über Geschäftspartner liefert, unter anderem den „Erwerb von unbebauten Grundstücken“ und die „Planung, Errichtung, Inbetriebnahme und Verwaltung“ eines Riesenrads in Berlin.
Auch die Firmenkonstruktion mutet seltsam an. Die wichtigste Gesellschafterin der World Wheel Berlin Holding GmbH (mit Sitz in Berlin) ist nämlich die World Wheel Berlin GmbH & Co. KG (mit Sitz in Vierhöfen). Finanziell steht diese Unterfirma eher schwächlich da, als Höchstkredit gibt Creditreform 4.000 Euro an. Der Geschäftsführer der KG ist ein alter Bekannter - Er war Ende 2004 als Geschäftsführer der in Berlin tätigen GmbH zurückgetreten, nachdem bekannt geworden war, dass ihn ein Gericht wegen Veruntreuung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt hatte. Eine Stellungnahme des Investors zur Finanzierung war gestern nicht zu bekommen. Geschäftsführer Waiser will heute Details zu dem Stahlkoloss erläutern, der in „40 großzügigen und panzerverglasten Gondeln“ eine „Reisezeit von 35 Minuten“ (Pressetext) bieten soll.
Die Grünen wollen den Senat nun per Parlamentsbeschluss zur Sorgfalt bei den Verhandlungen verdonnern. Sie fordern, die Einnahmen aus dem Betrieb von Riesenrad und Zoo getrennt zu erfassen. „Der Zoo ist als Touristenattraktion fest etabliert, deshalb wird das Riesenrad von der Nachbarschaft profitieren. Ob aber auch der Zoo Synergieeffekte hat, muss geprüft werden“, sagt Hämmerling. Sie macht auf eine weitere Schattenseite aufmerksam: Das Unternehmen will das Riesenrad auf ein 12.000 Quadratmeter großes Grundstück stellen. „Weitere 13.000 Quadratmeter werden durch das hoch aufragende Rad so geprägt, dass sie für den Zoo nicht mehr nutzbar sind.“ Der Verkehrsverwaltung schwant bereits, was da auf sie zurollt. Falls das Rad komme, so eine Sprecherin, gebe es mit den Nachbarn einen „Riesenabstimmungsbedarf“.