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Archiv-Artikel

■ In Berlin-Neukölln herrscht Schul-Notstand Hauptschule ist Restschule

betr.: „Die Schule der Verlierer“, taz vom 1./2. 4. 06

Wieder einmal eine typisch deutsche Debatte um die Zustände an einer Berliner Schule. Was man eigentlich schon lange wusste, wird, als wäre es eben erst vom Himmel gefallen, hysterisch aufgebauscht und mit populistischen Schnellschüssen garniert. Herr Pflüger will das Problem damit lösen, dass er Schüler abschiebt, wenn sie nicht parieren. Das ist aber nicht die Lösung, sondern wesentlicher Teil des Problems, denn Hauptschüler sind schon abgeschoben, an eine Schule nämlich, die ihnen keine Perspektiven bietet, die sie aus dieser Gesellschaft ausschließt.

In Zeiten der Vollbeschäftigung hat das dreigliedrige Schulsystem noch funktioniert, auch wenn es pädagogisch schon immer fragwürdig war. Aber seit vielen Jahren geht die Tendenz dahin, dass die Hauptschule zur Restschule der Übriggebliebenen wird. Dieses gesellschaftliche Versagen nun den Opfern und ihren Eltern aufzubürden passt zwar ins neoliberale Weltbild der Regierenden, ist aber zutiefst menschenverachtend. Die nächstliegende Konsequenz, das aussondernde dreigliedrige Schulsystem abzuschaffen, wird dagegen aus ideologischen Gründen erst gar nicht erwogen, lieber stellt man das System unter Polizeischutz. RALF FRÜHWIRT, Leimen