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Archiv-Artikel

Die Juroren als Beihelfer zum Märtyrertod?

Der als weiterer Attentäter des 11. September angeklagte Zacarias Moussaoui rückt seiner Verurteilung zum Tod näher

WASHINGTON taz ■ Im US-weit einzigen Prozess zu den Anschlägen vom 11. September 2001 kann der Angeklagte Zacarias Moussaoui nun im Prinzip zum Tode verurteilt werden. Das entschied am Montag die Jury nach 17-stündiger Beratung. Ab Donnerstag sollen die 12 Juroren erneut zusammenkommen, um abschließend darüber zu entscheiden, ob der gebürtige Marokkaner für seine Verwicklung in die Al-Qaida-Pläne hingerichtet werden soll.

Moussaoui saß zum Zeitpunkt der Anschläge bereits in Haft. Ob es zur Hinrichtung kommt, hängt von der zweiten Phase des Prozesses ab, die am Donnerstag beginnt. Dabei werden auch Angehörige von Opfern der Anschläge als Zeugen gehört.

Nach viertägigen Beratungen befanden die Geschworenen am Montag, dass der 37-Jährige nach seiner Festnahme im August 2001, rund drei Wochen vor den Anschlägen, bei seiner Vernehmung durch das FBI gelogen habe. Moussaouis bewusste Falschaussagen hätten dazu beigetragen, dass die Attentäter fast 3.000 Menschen durch ihre Anschläge mit entführten Flugzeugen töten konnten, so die Argumentation.

Moussaoui, der einen grünen Gefangenenoverall trug, weigerte sich, bei der Verlesung der Jury-Entscheidung aufzustehen. Stattdessen klammerte er sich an seinem Stuhl fest, lächelte und betete. Nachdem die Jury den Gerichtssaal verlassen hatte und während er abgeführt wurde, rief er: „Ihr werdet mein Blut niemals bekommen. Gott verfluche euch alle.“

Bereits im April 2005 hatte sich Moussaoui in sechs Anklagepunkten für schuldig erklärt. Dabei ging es um Verschwörung im Zusammenhang mit den Anschlägen. Auf drei der Anklagepunkte steht die Todesstrafe. Vorige Woche gab er zum Entsetzen seiner Pflichtverteidiger an, dass er am 11. September ein fünftes Flugzeug entführen und ins Weiße Haus hätte fliegen sollen. In einer früheren Aussage hatte er angegeben, er habe an einer möglichen zweiten Anschlagswelle beteiligt sein sollen, nicht aber am 11. September.

Bei Angehörigen von Opfern der Anschläge sorgte die gestrige Entscheidung der Jury für Erleichterung. „Dieser Mann hat keine Seele. Er hat kein Gewissen“, sagte eine Frau, deren Ehemann in einem der entführten Flugzeuge gesessen hatte. Moussaoui verdiene die Todesstrafe. Andere Hinterbliebene sagten, sie seien weniger erleichtert als erwartet. „Er tut mir Leid, er ist wie ein Hund, der Tollwut hat, einer der nicht geheilt werden kann“, sagte ein Mann, der seine Frau bei den Anschlägen verloren hatte.

Rechtsexperten erklärten, es sei noch nicht sicher, ob Moussaoui tatsächlich zum Tode verurteilt werde. Wahrscheinlich habe er jedoch mit seiner Aussage aus der vergangenen Woche sein Schicksal besiegelt. Die Verteidigung deutete an, sie werde einen Arzt als Zeugen benennen, der dem Angeklagten Schizophrenie bescheinigen werde. Außerdem sollen Soziologen beschreiben, wie Moussaoui in Frankreich und England unter Rassismus gelitten habe. Seine Anwälte sagten, ihr Mandant wolle als Märtyrer enden und würde alles sagen, um dieses Ziel zu erreichen.

ADRIENNE WOLTERSDORF