Abgeordnete als normale Arbeitnehmer

Bundestagspräsident schlägt Diätenerhöhung um 1,3 Prozent vor. Die Bezüge sollen an durchschnittliches Erwerbseinkommen gekoppelt werden. Änderungen bei der Altersversorgung könne es frühestens 2009 geben. Linke und Liberale protestieren

AUS BERLIN LUKAS WALLRAFF

Wenn es nach Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) geht, sollen die Diäten der Bundestagsabgeordneten erstmals seit 2003 wieder erhöht werden. Lammert schlug gestern vor, die Bezüge der Parlamentarier künftig an die durchschnittliche Entwicklung der Erwerbseinkommen im Land anzupassen. Sollte Lammerts Plan beschlossen werden, würden die Abgeordnetenbezüge ab Mai um 91 Euro pro Monat auf 7.100 Euro steigen.

Eine Änderung bei der besonders umstrittenen Altersversorgung der Abgeordneten hingegen sei frühestens mit Wirkung ab der nächsten Legislaturperiode möglich, die 2009 beginnt. Neue Abgeordnete müssten wissen, womit sie rechnen könnten, erklärte Lammert. Er habe „ausdrücklich angeregt“, über die künftige Gestaltung der Pensionsansprüche Gespräche zu führen. Einen eigenen Vorschlag, ob und wie die Altersversorgung neu geregelt werden könne, wollte er nicht machen. Lammert beließ es bei einem Diäten-Plan: Demnach sollen die Abgeordnetenbezüge einmal jährlich an die Einkommensentwicklung angepasst werden. Als Bezugspunkt nannte Lammert den Anstieg der durchschnittlichen Verdienste für Arbeitnehmer in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Dienst einschließlich der Beamten. Dieser habe im vergangenen Jahr 1,3 Prozent betragen. Daraus ergäbe sich eine Erhöhung der Diäten um 91 Euro. Lammert nannte dies eine „sachgerechte und – was das Volumen angeht – bescheidene Lösung“.

Der Präsident betonte, dass sich die Diäten eigentlich an der Bezahlung von Großstadt-Bürgermeistern und Bundesrichtern orientieren müssten. Dieses Ziel habe man in den letzten Jahren, als es Nullrunden für Abgeordnete gab, verfehlt. Mit seinem Plan würde der Rückstand wenigstens nicht wachsen. Ob es so kommt, ist unklar. Lammerts Idee ist juristisch und politisch umstritten. Nur die Union signalisierte bereits Zustimmung.

Das Bundesverfassungsgericht habe eindeutig gesagt, „dass kein Automatismus der Anpassung stattfinden darf“, warnte der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch. Außerdem häuften sich zuletzt die Forderungen, dass die Altersversorgung eingeschränkt werden müsse. Entsprechend reserviert reagierte die SPD gestern auf Lammerts Vorstoß: Ebenso wie die Grünen erklärte Fraktionschef Peter Struck, man werde erst mal „in Ruhe beraten“. Lammerts Vorgänger Wolfgang Thierse (SPD) verlangte eine zügige Reform der Altersversorgung noch in dieser Legislaturperiode. Die öffentliche Erwartung sei, dass die vielfach als zu üppig kritisierte Altersversorgung nicht unverändert bleiben könne. Die Linksfraktion kritisierte Lammert: „In Zeiten sinkender Brutto-Einkommen, Nullrunden für Rentner und allgemeiner Kürzungen ist der Vorschlag nicht angemessen.“ Es sei dringend nötig, eine Beteiligung der Abgeordneten an ihrer Altersversorgung zu beschließen. Auch die FDP erklärte, sie wolle „einen kompletten Systemwechsel und weg von der beamtenähnlichen Altersversorgung“.