: „Wozu Spielplätze?“
KINDER An der Uni diskutieren Sportwissenschaftler über frühkindliche Bewegungsbildung
■ ist Professorin für Sportwissenschaft an der Uni Bremen.
taz: Frau Fikus, bedeutet frühkindliche Bewegungsbildung, dass Babies in den Turnunterricht geschickt werden?
Monika Fikus: Bloß nicht! Kinder, egal welchen Alters, sollten eine möglichst anregungsreiche Umgebung haben, damit sie sich lustvoll aus eigenem Antrieb heraus bewegen und kreativ werden. Sonst üben sie nur normierte Bewegungen ein.
Haben Stadtkinder die Möglichkeit, selbst Bewegungen zu erfinden?
Kaum. Wir haben gerade in einer Studie naturnahe und konventionelle Spielplätze miteinander vergleichen und festgestellt, dass die Bewegungsvielfalt größer ist, je weniger vorgegeben ist. Außerdem beschäftigen sie sich auf naturnahen Spielorten wie der Kinderwildnis auf dem Stadtwerder länger mit etwas, sie kommunizieren mehr miteinander, das heißt, es geht weniger um Wettkampf als um Kooperation.
Also kein Streit mehr um die Schaukel?
Nein, es ist ja genug da. Stöcke, mit denen man etwas bauen kann, liegen überall herum.
Warum gibt es die konventionellen Spielplätze überhaupt noch?
Das frage ich mich auch. Warum sollte man mehr als drei Mal die Rutsche herunterrutschen? Spätestens beim vierten Mal klettern die Kinder sie hoch.
Sie haben Plätze in Oberneuland und Gröpelingen beobachtet – was ist der größte Unterschied?
Es gibt in Schwachhausen und Oberneuland Spielplätze, auf denen haben wir in zwei Monaten kein einziges Kind gesehen. Eine Erklärung wäre, dass sie den Spielplatz im Garten haben. Ich glaube aber, dass diese Kinder schlicht keine Zeit zum freien Spiel haben, weil sie vom Ballett zum Klavier und von dort zur dritten Fremdsprache gefahren werden. eib