: Die Zukunft steckt im Holz
Eine Schule in Düsseldorf macht es vor: Beim Heizen mit Holzpellets lassen sich Umweltfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit miteinander verbinden. Und steigende Öl- und Gaspreise werden die Holzheizung in naher Zukunft immer attraktiver machen
VON TORSTEN SCHÄFER
Wenn im Winter die 40 Jahre alte Ölheizung im Keller auf vollen Touren lief, wurde es den Klassen in der Düsseldorfer Sonderschule Massenberger Kamp oft zu heiß. Dann rissen Schüler und Lehrer die Fenster weit auf, um das Klassenzimmer ein wenig abzukühlen. „Die marode Ölheizung war kaum mehr zu regulieren. Wir haben deshalb sehr viel Energie verschwendet“, erzählt Schulleiter Andreas Rupieper. Die Störungen häuften sich, eine neue Heizungsanlage musste her. Die Entscheidung über ein neues Heizsystem lag bei der Stadt Düsseldorf als zuständigem Schulträger. Die Stadtverwaltung entschied sich für eine besonders umweltschonende Heiztechnik. „Wir haben erstmals in einer städtischen Einrichtung eine Holzpellets-Heizanlage installiert“, sagt Kirsten Leclaire vom Fachbereich Energie des Amtes für Immobilienmanagement. „Die Stadt möchte zeigen, dass sich Umweltfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit verbinden lassen“, erklärt die Energiefachfrau.
Das Heizen mit den maiskorngroßen, aus Holzabfällen gepressten Pillen ist einerseits besonders klimaschonend, da nur das CO2 freigesetzt wird, das das Holz bei seinem Wachstum gebunden hat und bei seinem Verrotten wieder ausstoßen würde. Mit der neuen Heizung reduziert sich der CO2-Ausstoß der Düsseldorfer Schule um 80 Prozent, wie eine Studie der Universität Duisburg- Essen zeigt. Andererseits sind Holzpellets als Brennstoff auch deutlich günstiger als etwa Heizöl. Wird der Pelletpreis von derzeit 180 Euro pro Tonne auf den Verbrauch umgerechnet, kostet die Kilowattstunde Strom laut Energieagentur NRW 3,5 Cent. „Heizöl liegt hingegen bei 5 Cent pro Kilowattstunde“, erklärt Energieberater Helwig Falk von der Landesagentur. Wegen des Kostenvorteils kann die Schule Massenberger Kamp mit der neuen Pelletheizung ihre Energiekosten um mehr als 30 Prozent senken, wie die Universitätsstudie belegt.
Auch für immer mehr Haushalte in Nordrhein-Westfalen sind Umweltfreundlichkeit und Preisvorteile die Gründe, weshalb sie mit den kleinen Tabletten aus Pressholz heizen. Im Jahr 2001 wurden gerade einmal 200 Pelletheizungen vom Land gefördert (siehe Kasten). Bis zum Jahresende 2005 ist die Zahl der gesponserten Anlagen laut der Aktion Holzpellets NRW bereits auf 4000 angestiegen. „Wir rechnen für 2006 mit ähnlichen Zuwachsraten“, sagt Beate Schmidt, Leiterin der Aktion Holzpellets und Vorsitzende des deutschen Energie-Pellet Verbandes (DEPV). „Seit zwei Jahren gibt es einen regelrechten Pellet-Boom“, erklärt Energieberater Helwig Falk. Holzpellets werden bundesweit zum Dauerbrenner. Die Zahl der Pelletheizungen hat 2005 gegenüber dem Vorjahr um ein Drittel zugenommen – rund 40.000 Anlagen sind in Betrieb, die meisten in Bayern und Baden- Württemberg.
„Das Heizen mit Holz wird durch die steigenden Ölpreise noch attraktiver“, sagt inzwischen auch NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg. Aber trotz aller Erfolge, so betont Expertin Schmidt, seien Pellets nach wie vor nur eine kleine Nische auf dem Brennstoffmarkt. „Nur zwei Prozent der Neuinstallationen bei Heizungen sind Pellet-Anlagen. Zehn Prozent sind unser mittelfristiges Ziel“, erklärt sie.
Noch immer ist der Brennstoff Holzpellets zu wenig bekannt, wie eine Befragung des DEPV unter Unternehmen der Pelletbranche und 4.600 Betrieben des Heizung- und Installationshandwerks belegt. Fast 70 Prozent der Hersteller nannten Informationsdefizite beim Verbraucher als größtes Markthindernis. „Es gibt noch nicht genügend Installateure, die Erfahrung mit den neuen Pelletkesseln haben“, fügt Helwig Falk von der Energieagentur NRW hinzu.
Ein weiteres Defizit sind der Befragung zufolge die hohen Anlagenpreise. Pelletheizungen sind im Vergleich zu Öl- oder Erdgasheizungen zur Zeit abzüglich der Förderung zwischen 3000 und 5000 Euro teurer – je nachdem, ob nur der Kessel ausgetauscht wird oder ein ganzes Heizsystem neu installiert werden muss. Der durchschnittliche Heizenergieverbrauch eines Ein-Familien-Haushalts liegt nach Angaben der Energieagentur NRW bei 30.000 Kilowattstunden im Jahr. Bei den derzeitigen Preisen werden mit einer Pellet-Heizung gegenüber einer Ölheizung 450 Euro jährlich eingespart. Somit refinanziert sich die Pelletanlage je nach Installationskosten nach einer Laufzeit von sieben bis elf Jahren.
Wer also heute seine Ölheizung auf Pelletbetrieb umrüstet, tut dies meist aus ökologischen Gründen, denn Riesensummen lassen sich bislang noch nicht damit sparen. Das wird sich allerdings schon bald ändern. „Die nächste Gaspreiserhöhung um 15 Prozent steht schon 2006 ins Haus“, erklärt Energieberater Falk. „Ein weiterer Vorteil der Pellets sind ihr konstanter Preis. Er hat sich in den letzten zehn Jahren kaum verändert“, erklärt der Experte. Bei Öl- und Gas gebe es hingegen immer wieder starke Schwankungen. Da der Höhepunkt der Ölförderung zudem in maximal 50 Jahren erreicht werde, sei auf lange Sicht mit einem weiteren, deutlichen Preisanstieg zu rechnen. Auf Dauer dürfte sich deshalb der Preisvorteil für nachhaltige Brennstoffe wie Holz vergrößern. „Öl und Gas sind endliche Energieträger“, resümiert Beate Schmidt. Beim nachwachsenden Rohstoff Holz sei die Versorgungssicherheit gewährleistet.
Fachleute führen einen weiteren Vorteil der Pellets ins Felde: Da sie aus Holz produziert werden, das in der Region anfällt, entstehen auch dort die Arbeitsplätze. „Beim Öl fließt mehr als 80 Prozent des Geldes ins Ausland, beim Heizen mit Holz verdient vor allem die Region“, sagt Beate Schmidt. „Die Wertschöpfung bleibt beim Brennstoff Holz vor Ort“, bestätigt Energieberater Falk. Erst im vergangenen Jahr startete im sauerländischen Bremke die größte Holzpelletsfabrik des Landes ihre Produktion. Rund 10.000 Tonnen Pellets werden dort im Jahr produziert, womit fast 2.000 Haushalte versorgt werden können. Drei Pellethersteller gibt es insgesamt in NRW. Die Transportwege zu den Abnehmern sind kurz. „Der Transport per Lastwagen ist im Gegensatz zu Öl und Gas absolut sicher“, erklärt Beate Schmidt.
Mit einem großen Schlauch werden die Pellets in den Speicher, der oft einer überdimensionalen Holzkiste gleicht, geblasen. Von hier aus gelangen die Energiebündel in den Kessel, wo sie verbrannt werden. Eine Pelletheizung bietet den gleichen Komfort wie eine Öl- oder Gasheizung, da sie automatisch gezündet und deshalb per Thermostat und Zeitschaltuhr gesteuert werden. „Die Technik ist ausgereift“, erklärt Energieberater Falk. „Wir haben eine computergesteuerte, voll automatisierte Anlage. Das Heizen ist problemfrei und sehr komfortabel“, erklärt Andreas Rupieper von der Düsseldorfer Schule Massenberger Kamp. „Es sollten noch mehr Schulen ein Zeichen für die Energiewende setzen. Denn in Schulen geht ja wirklich um die Zukunft der Gesellschaft.“