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Archiv-Artikel

Wenigstens der Bundesrat bleibt rot-grün

LÄNDERKAMMER Die Schuldenbremse könnte die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern ändern

BERLIN taz | Auch wenn die CSU in Bayern nun abgeräumt hat – an den Machtverhältnissen im Bundesrat ändert das erst einmal nichts. In der Länderkammer nämlich wird Rot-Grün auch nach der Bundestagswahl die Mehrheit haben und auf diese Weise mitregieren. Seit dem Sieg in Niedersachsen kommen die rot-grün regierten Länder auf 32 Stimmen. Macht die Brandenburger Koalition aus Linken und SPD mit, erreichen sie die absolute Mehrheit von 35 Stimmen.

Mit dieser Mehrheit im Bundesrat wurden etwa bereits Steuersenkungspläne der FDP durchkreuzt. Denn die Bundesrats-Zustimmung ist zwingend bei Gesetzen, die die Finanzen und Verwaltung der Länder betreffen. Doch auch nicht zustimmungspflichtige Gesetze wurden von SPD und Grünen blockiert. Sie haben die Mehrheit im Vermittlungsausschuss, der für Kompromisse zwischen Bund und Ländern zuständig ist. Sind SPD und Grüne mit einem Gesetz nicht einverstanden, können sie es wie beim Präventionsgesetz auf der Tagesordnung nach hinten schieben. Außerdem kann der Bundesrat Themen setzen – wovon Rot-Grün zuletzt eifrig Gebrauch machte, etwa beim Ehegattensplitting.

Gelingt nun am kommenden Sonntag in Hessen ein Politikwechsel, hätten Rot und Grün sogar so viele Stimmen, dass es für eine absolute Mehrheit reicht. Damit wären sie nicht mehr auf die Zusammenarbeit mit der Linken angewiesen.

Wirklich durchregieren kann Rot-Grün aber nur, wenn auch die Bundestagswahl, sprich der Bundestag gewonnen wird. Alle anderen Koalitionen werden sich auf mühselige Kompromissfindung mit dem Bundsrat einstellen müssen. Denn bis auf das SPD-regierte Hamburg und nun auch Bayern sind in allen Ländern Koalitionen an der Macht. Im Bundesrat werden die Stimmen aber nicht nach Parteien, sondern nach Ländern abgegeben. Sind sich die regierenden Parteien nicht einig, gelten die Stimmen als ungültig und werden als ein Nein gewertet. Auch kleine Koalitionspartner haben damit de facto ein Vetorecht.

Bei einer Großen Koalition müssten SPD und Union also um die Zustimmung von FDP und Grünen werben. Denn allein kommen die zwei großen Parteien nur auf 18 großkoalitionäre Bundesratsstimmen aus Sachsen-Anhalt (4), Thüringen (4), Berlin (4), Mecklenburg-Vorpommern (3) und Saarland (3). Selbst mit den Stimmen aus Bayern (6 Stimmen) und Hamburg (3 Stimmen) käme eine Große Koalition nur auf 27 Stimmen. Damit ist sie weit entfernt von der absoluten Mehrheit von 35 Stimmen, die für Beschlüsse im Bundesrat notwendig ist.

Eine schwarz-grüne Regierung hätte gar kein Land hinter sich und müsste sich immer mit SPD und FDP arrangieren. Am schwierigsten wird es für eine schwarz-gelbe Regierung. Sie müsste – wie in diesem Jahr seit der Niedersachsen-Wahl – ohne Bundesratszustimmung auskommen. Allerdings könnten die Parteiinteressen in den kommenden Jahren von anderen Konfliktlinien überlagert werden. Ab 2019 greift die Schuldenbremse auch für Bundesländer. Für viele Länder würde das den Bankrott bedeuten.

Das Verhältnis zwischen Bund und Ländern muss deshalb bald neu geregelt werden. Wer mit wem im Bundesrat stimmt, könnte deshalb weniger davon abhängen, welche Parteien das Land regieren. Wichtiger könnte die Frage sein, ob es sich um ein armes oder reiches, ein kleines oder großes Bundesland handelt. LISA SCHNELL