Kassen füllen und Klima schützen

FINANZEN Neues Konzept: Mit einer deutlich höheren Ökosteuer und dem Abbau umweltschädlicher Subventionen ließen sich Staatshaushalt und Klima zugleich retten

Umweltabgaben tragen bisher nur zu fünf Prozent zum Staatsaufkommen bei

AUS BERLIN HANNA GERSMANN

Wer Damian Ludewig reden hört, könnte leicht den Eindruck bekommen, er wolle den Bürgern zu viel zumuten: Er will eine Ticket-Tax fürs Fliegen, „kurzfristig 20 bis 40 Euro, mittelfristig 50 bis 100 Euro pro Platz und abhängig von der Entfernung“. Er will auf jeden Liter Heizöl „langfristig 10 Cent aufschlagen“. Und damit ist es längst nicht getan.

Volkswirt Ludewig leitet das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft. Zusammen mit Ralf Fücks von der grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung hat er am Donnerstag eine „Ökologische Finanzreform“ und 13 Maßnahmen „zur Gegenfinanzierung des Krisendefizits“ gefordert.

Es geht ihm nicht darum, Fliegen und Heizen einfach teurer zu machen. Er schlägt einen kompletten Umbau des Steuersystems vor – und riskiert eine neuen Ökosteuer-Streit. Die viel gescholtene Steuer trat 1999 unter Rot-Grün erstmals in Kraft. Auf den Liter Benzin und Diesel wurden zwischen 1999 und 2003 jedes Jahr drei Cent draufgeschlagen. Auch Strom, Gas und Heizöl wurden teurer, nur nicht so stark. Die Bild-Zeitung machte damals eine „Benzinwut“-Kampagne, die Politiker jeder Couleur bis heute verschreckt hat.

Fücks und Ludewig glauben trotzdem, dass sich die Politik ihres Vorschlags annimmt. Fücks: „Der Druck ist derzeit höher“, weil es zugleich „Klimakrise und Schuldenkrise“ gebe. Die Bundesregierung will bis zum Jahr 2020 die Kohlendioxid-Emissionen um 40 Prozent reduzieren. Und sie wird im Jahr 2010 so viel Schulden wie nie zuvor machen – 86 Milliarden Euro.

Es ist das erste Mal, dass jemand vor diesem Hintergrund eine grüne Finanzreform durchrechnet. Ökosteuern sollen rauf, umweltschädliche Subventionen runter. So könnten „kurzfristig 16,2 Milliarden Euro in den Staatshaushalt gespült werden“, sagt Damian Ludewig. Werde das Gesamtkonzept umgesetzt, sei im Jahr 2015 ein Aufkommen von 50 Milliarden Euro möglich.

Eine Geldquelle sei etwa das Dienstwagenprivileg. Es koste den Staat derzeit 9 Milliarden Euro im Jahr. Davon profitierten diejenigen besonders, die teure Spritschlucker kaufen, diese viel privat nutzen und den höchsten Grenzsteuersatz bei der Einkommensteuer haben. Das müsse sich ändern, meint Ludewig. Ersparnis: 3,5 Milliarden Euro. Und den Atomkonzernen müssten die externen Kosten – für Folgen des Uranbergbaus oder die Haftung für Unfälle – auferlegt werden. Eine Steuer auf Kernbrennstoffe – 3,5 Cent pro Kilowattstunde – bringe 5,6 Milliarden Euro im Jahr.

Ludewig nennt diese Beispiele, um Bedenken entgegenzutreten, eine grüne Finanzreform belaste vor allem Ärmere. Für diese sei die Belastung der Arbeit oder die Mehrwertsteuer viel entscheidender: Abgaben auf den Umweltverbrauch trügen bisher nur zu fünf Prozent zum Staatsaufkommen bei. 60 Prozent kämen aus der Belastung der Arbeit.