piwik no script img

Mutlu läuft, Otto misst

PANKOW Wer Erststimmen will, braucht Ideen. Der Grüne Andreas Otto prüft daher den Fluglärm

Mit den Direktmandaten ist es so eine Sache. Bis zum Wahlabend weiß im Grunde keiner, wer im Wahlkreis vorne liegt. Einziger Anhaltspunkt ist die Plattform election.de. Die gibt aber nur an, wer wo die Nase vorn hat. Messen kann das keiner.

Die Grünen hat das vor vier Jahren wohl das zweite Direktmandat ihrer Geschichte gekostet. Weil ihr Direktkandidat in Mitte, Wolfgang Wieland, nicht an seine Chance glaubte, verzichtete er auf Straßenwahlkampf. Am Wahlabend 2009 stellte er dann fest, dass die Grünen das beste Zweitstimmenergebnis hatten. Das Mandat aber ging an Eva Högl von der SPD. Die war sich nicht zu schade für Bratwurst und Bier.

Wielands Nachfolger Özcan Mutlu hat aus dem Fehler gelernt – und zeigt sich als joggender Wahlkämpfer. Seine Botschaft: Mit Mutlu läuft’s. Da kann natürlich auch Andreas Otto nicht anders, der etwas sprödere Erststimmengrüne aus Pankow. Sein Motto lautet: Otto misst.

Mitten auf dem Pankower Dorfanger hat Otto, der gegen Stefan Liebich (Linke), Klaus Mindrup (SPD) und Lars Zimmermann (CDU) antritt, zusammen mit dem Verkehrsclub VCD am Dienstag eine mobile Lärmmessstation aufgebaut. „Fluglärm macht krank und stellt ab einer Geräuschentwicklung von 80 dB(A) eine akute Gesundheitsgefährdung dar“, sagt Otto und hält sein Messgerät in die Luft. Blöd nur, dass die vorbeifahrende Straßenbahn fast mehr Lärm macht als die landende Maschine. Die kommt gerade mal auf 76 dB(A).

Stress in der Ruhephase

Doch VCD-Geschäftsstellenleiter Tino Kotte klärt auf: „Am Tag erscheint der Fluglärm als Umgebungslärm. Nachts aber ist er besonders gefährlich, weil er in der Ruhephase Stress macht – egal ob man schläft oder nicht.“

Otto nimmt das mit der Messung sportlich, sagt: „Wir hätten auch nachts eine Pressekonferenz machen können, bloß wäre da niemand gekommen.“ Seine Forderung bleibt die gleiche: „Der Senat muss eine Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr gewähren.“ Erst recht, seit in Tegel der Flugverkehr zugenommen hat.

Ob auch Ottos Zustimmungswerte zugenommen haben? Messbar ist das, wie gesagt, nicht. Aber das Pendel schlägt aus: „Wir haben einen über 80 Dezibel!“, ruft Tino Kotte. UWE RADA

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen