Israels Regierung erwägt Kontakte zu Hamas

Ein palästinensischer Minister wird mehrere Stunden festgehalten. Die Kassen der Autonomiebehörde sind leer

JERUSALEM taz ■ Kaum eine Woche nach der Vereidigung der palästinensischen Hamas-Regierung ist der erste Minister gestern vorübergehend festgenommen worden. Chaled Abu Arafeh, Minister ohne Aufgabenbereich, ist in Jerusalem wohnhaft und im Besitz eines israelischen Ausweises. Seit Beginn der Al-Aksa-Intifada ist es israelischen Staatsbürgern aus Sicherheitsgründen verboten, in die palästinensischen Gebiete zu reisen. Israelische Soldaten griffen den Minister auf dem Weg zu seinem neuen Büro in Assariah auf, einem auf palästinensischem Gebiet liegenden Vorort von Jerusalem. Abu Arafeh kam nach wenigen Stunden Haft wieder frei. In Jerusalem beauftragte Staatspräsident Mosche Katzaw den amtierenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert mit der Regierungsbildung. Olmerts Partei Kadima hatte bei den Wahlen Ende März mit 29 Mandaten die meisten Stimmen für sich verbuchen können. Israel verfolgt die Strategie, die Hamas-Regierung zu schwächen und gleichzeitig eine humanitäre Krise in den Palästinensergebieten zu vermeiden. In einer für Sonntag geplanten Sondersitzung unter der Leitung von Olmert sollen „begrenzte Kontakte“ zur Palästinensischen Autonomiebehörde beraten werden.

Auch der palästinensische Regierungschef Ismail Hanijeh will seinen Ministern Kontakte zu ihren israelischen Amtskollegen ermöglichen, solange das „im Interesse des palästinensischen Volkes ist“. Das größte Problem für die neue Regierung sind die leeren Kassen. „Die Lage ist nicht einfach“, erklärte Hanijeh im Verlauf der ersten Kabinettssitzung diese Woche, dennoch übernehme er „volle Verantwortung für die Zahlungen an die Familien der Inhaftierten und Märtyrer“. Die Möglichkeiten, die Gehälter für die rund 140.000 Angehörigen im palästinensischen öffentlichen Dienst zu zahlen, seien hingegen „begrenzt“.

Die USA und Kanada haben die Hilfszahlungen an die Palästinenser stark eingeschränkt. Eine Entscheidung der EU zur palästinensischen Aufbauhilfe steht aus. Die Hamas hatte zunächst auf alternative Geldgeber gehofft. Nach Angaben des neuen Finanzministers Omar Abdel-Rasek stünden 80 Millionen US-Dollar aus, deren Zahlung Saudi-Arabien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate zugesagt hätten. Auch Teheran hatte eine Soforthilfe von 250 Millionen Dollar angekündigt, die die Palästinenser indes nur annehmen wollen, sofern die Iraner keine Bedingungen an die Zahlung knüpfen. SUSANNE KNAUL