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Archiv-Artikel

Latinos: Verhandlungsmasse und Wähler

Im Streit um den Umgang mit illegal in den USA lebenden Menschen legt der republikanische Mehrheitsführer Bill Frist einen Kompromissvorschlag vor: Je länger im Land, desto schneller legal. Für Montag sind neue Großdemonstrationen angekündigt

VON BERND PICKERT

Mit einem neuen Kompromissvorschlag hofft eine Gruppe republikanischer Senatoren im US-Kongress eine Einigung über die Erneuerung des Einwanderungsrechts voranzubringen. Dabei geht es um den Status der elf bis zwölf Millionen Menschen, die derzeit ohne gültige Aufenthaltserlaubnis in den USA leben und arbeiten. Nach dem Vorschlag, den unter anderem der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Bill Frist, unterstützt, sollen jene, die nachweislich schon seit mindestens fünf Jahren in den USA leben, die Möglichkeit zur Einbürgerung erhalten. Voraussetzung sei, dass sie einen Job haben, ein Bußgeld für den illegalen Aufenthalt und Steuern bezahlen und Englisch lernen. In diese Gruppe fallen Schätzungen zufolge rund sieben Millionen Menschen.

Jene rund drei Millionen Menschen, die zwischen zwei und fünf Jahren in den USA leben, sollen einmalig ausreisen und bei der sofortigen Wiedereinreise einen Gastarbeiterstatus beantragen können. Später sei auch die Einbürgerung möglich, aber nicht garantiert.

Die verbleibenden ein bis zwei Millionen Menschen sollen nach dem Vorschlag das Land verlassen müssen. Sie dürften den Gastarbeiterstatus beantragen, hätten aber keine Garantie.

Der Vorschlag versucht, zunächst einmal innerhalb der republikanischen Partei einen Kompromiss herzustellen, der die unterschiedlichen Auffassungen vereint. Während sich die rechte Fraktion insbesondere im Repräsentantenhaus dafür ausgesprochen hatte, den illegalen Aufenthalt künftig nicht mehr als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat zu behandeln, hatte Präsident George W. Bush auf einen Gastarbeiterstatus gedrängt.

Die Demokraten im Senat hingegen unterstützen einen ganz anderen Entwurf, der vom Republikaner John McCain und dem Demokraten Edward Kennedy eingebracht wurde: Der liefe darauf hinaus, allen bereits im Land befindlichen Migranten unter bestimmten Bedingungen den Weg zur Einbürgerung zu eröffnen. Rechte Republikaner wittern darin eine „Amnestie“, die nicht zu tolerieren sei.

Dabei sind sich beide Seiten im Grundsatz einig, dass die Wirtschaft des Landes längst auf die billigen Arbeitskräfte der meist aus Mexiko und Zentralamerika stammenden Migranten angewiesen ist. Im Wahljahr allerdings setzen die Republikaner erneut auf das Thema Terror und Sicherheit. Die Demokraten hoffen darauf, die Massenproteste der in den USA lebenden lateinamerikanischen Community auch in Wählerstimmen umwandeln zu können. Am kommenden Montag wollen Migrantenorganisationen erneut mit einer Großdemonstration in Washington und anderen Städten auf sich aufmerksam machen. Unterstützung erhielten sie Anfang der Woche durch einen offenen Brief 50 evangelikaler Organisationen, die eine offene Migrationspolitik fordern.

Heute will der Senat prüfen, ob der von den Republikanern um Bill Frist vorgelegte Kompromissentwurf Chancen auf eine Mehrheit hat.