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die taz vor 12 jahren über den Freibrief der justiz für Republikaner-Chef franz Schönhuber

Die Staatsanwaltschaft in Landshut hat sich entschieden. Wenn Rep-Chef Schönhuber Ignatz Bubis als üblen Volksverhetzer, der selbst den Antisemitismus schüre, denunziert, erfüllt er nicht den Tatbestand der Volksverhetzung. Gegen Schönhuber wird deshalb keine Anklage erhoben.

Etliche Anzeigen gegen ihn werden deshalb niedergeschlagen, der Mann kann sich und seinen Anhängern versichern, die Justiz habe ihm für seine Provokationen einen Persilschein ausgestellt. Sicher liegt der Fall juristisch komplizierter. Ignatz Bubis und Michel Friedman seien nun mal Individuen und keine Volksgruppe, folglich könnten sie zwar beleidigt werden, aber Beleidigungen gegen sie könnten nicht als Volksverhetzung gewertet werden. Das mag juristisch vertretbar sein, politisch ist es verheerend.

Ignatz Bubis hat sich mit guten Gründen geweigert, selbst gegen den Rep-Chef Anzeige zu erstatten. Zum einen, weil er Schönhuber damit satisfaktionsfähig gemacht hätte. Und zum anderen, weil Bubis nicht als Privatmann Ignatz Bubis, sondern als Vorsitzender des Zentralrats der jüdischen Gemeinden in Deutschland angegriffen wurde. Kurz nach dem Brandanschlag auf die Synagoge in Lübeck hatte schließlich Schönhuber eine genau gezielte Provokation gegen den Repräsentanten der Juden in Deutschland gestartet, die, so hat ihm nun die Staatsanwaltschaft bescheinigt, rechtlich einwandfrei inszeniert war.

Man mag einwenden, der Kampf gegen Rechts sollte eben nicht durch Polizei und Justiz, sondern in der politischen Auseinandersetzung geführt werden. Strafgesetze gibt es aber gerade, um die Grenzen der Auseinandersetzung zu markieren. Staatsanwälte und Richter, die so tun, als ginge sie dies alles nichts an, machen sich ihren Job ein bißchen zu einfach. Jürgen Gottschlich, 8. 4. 1994

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