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Archiv-Artikel

Pass misst Verbrauch

Neuer Energiepass weist nicht immer aus, wie gut Bauqualität und Heizungssystem einer Immobilie sind

FREIBURG taz ■ Die Bundesregierung hat beim Energiepass für Gebäude eine Kehrtwende vollzogen. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Bauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) wollen nun auch einen verbrauchsabhängigen Pass zulassen.

Ursprünglich war nur ein bedarfsorientierter Pass vorgesehen, der alle Immobilien aufgrund ihrer Bauqualität und ihres Heizungssystems in Effizienzklassen (etwa von A bis G) einteilen sollte – wie man es etwa von Kühlschränken kennt. Jeder Kauf- oder Mietinteressent hätte dann sofort erkennen können, wie energieeffizient eine Immobilie ist.

Doch künftig soll es eine „Option“ geben: Jeder Hausbesitzer könnte sich dann aussuchen, ob er nicht lieber einen verbrauchsabhängigen Pass ausstellen lässt. Dieser bewertet nicht die objektive Qualität des Gebäudes, sondern den realen Energieverbrauch. Da aber kein Wohnungsinteressent die Heizgewohnheiten des vorherigen Bewohners kennt, lassen sich daraus kaum Rückschlüsse auf die Gebäudequalität ziehen.

Experten wie etwa von der Deutschen Energie-Agentur (dena) fordern daher seit je den bedarfsorientierten Pass, der objektiv Bausubstanz und Heizungstechnik bewertet. Nur bei größeren Wohnblocks galt es bislang als sinnvoll, sich am tatsächlich gemessenen Verbrauch zu orientieren. Dahinter stand die Überlegung, dass sich ab einer bestimmten Anzahl von Wohnungen die individuellen Verbrauchsgewohnheiten der Bewohner ausmitteln. Hier wäre dann der faktische Verbrauch ein ausreichender Maßstab für die Qualität des Gebäudes.

Der Pass soll endlich Markttransparenz schaffen und zu einer Neubewertung aller Immobilien führen: Wer schlecht gedämmte Wohnungen vermieten oder verkaufen will, müsste mit Preisabschlägen rechnen. Andererseits würden energetisch hochwertige Bauten im Marktwert steigen.

Das Bundesumweltministerium hat noch keine Stellungnahme zur Optionsidee von Glos und Tiefensee abgegeben. Und auch der Bundesrat muss dem Pass noch zustimmen. So wird die Verordnung wohl erst Anfang 2007 in Kraft treten können. Nach der EU-Gebäuderichtlinie hätte der Pass schon seit dem 4. Januar 2006 eingeführt sein müssen. BERNWARD JANZING