: Es kann doch nicht so schwer sein
Wenn dicke alte Männer Badminton als „Federball“ verunglimpfen, hilft nur noch Lukaschenko als Sportminister
Im TiB-Center am Rande der Hasenheide – wo es nicht nur Verbrechen gibt, sondern auch Sport. Das sollte fairerweise festgehalten werden. So verbirgt sich hinter dem Kürzel TiB denn auch nicht „Töten“ oder „Terror“, sondern „Turnen in Berlin“. Hier gibt es häufiger Ball- als Schusswechsel; diverse Hüpfkurse werden angeboten, daneben existieren eine Muckibude sowie mehrere Tennis- und Badmintonplätze. Ja, Badminton – auch das ist Sport. Badminton verhält sich zu Federball in etwa wie Lüttich-Bastogne-Lüttich zu einem Fahrradausflug mit Kindern und Picknickkorb.
Während ich mir also mit P. ein hartes Match liefere, die Gesetze der Schwerkraft sowie die Grenzen von Kondition, Schmerzempfinden und Willensstärke akrobatisch aufs Äußerste auslotend, schlurfen vom Tennisplatz zwei dicke, alte Männer vorüber. Ich schnappe die in verächtlichem Tonfall ausgesprochenen Worte „Federball“, „Garten“ und „Kinder“ auf.
So etwas macht mich regelmäßig sauer. Ausgerechnet die! Wer jemals dicken alten Männern beim Tennisspiel zugesehen hat, weiß, dass die mit Abstand nächstverwandte Sportart Angeln heißt. Alle halbe Stunde schlendert einer der „Sportler“ von der linken zur rechten Seite des Spielfelds und hält unmotiviert seinen Schläger in die Flugbahn eines unendlich langsam herbeisegelnden Filzballs. Zu vergleichen ist dieser Vorgang mit der Kontrolle: Hat einer angebissen? In der folgenden Stunde werden wieder Köder an Haken befestigt respektive Bälle eingesammelt. Dann die Schnur ausgeworfen; der Aufschlag. Die meiste Zeit jedoch wird schweigend gewartet, und am Ende trinken sie Bier und sprechen über ihre Zipperlein. Und solche apathischen Geronten sprechen dann von „Federball“.
Eine ähnlich lautende Bemerkung des übrigens geradezu grotesk unsportlichen Kollegen Falko Hennig lasse ich hier mal inmitten einer in den Raum gepupten Wolke meiner Abscheu stehen, wo sie sich in all ihrer hässlichen Pracht in Ruhe kopfschüttelnd bestaunen lässt. Mit seiner mentalen Verweigerung jeglicher einschlägiger Kenntnis(auf)nahme, die in ihrer destruktiven Konsequenz schon mehr an eine philosophische Grundhaltung denn an bloße Ignoranz gemahnt, wirkt besagter Kollege auf dem breiten Gebiet des Sports so unberührbar wie unberührt – wie eine Nonne im Swinger-Club.
Man kann leider nur erahnen, welche perfiden Hintergedanken die tumben Spötter antreibt. Jedenfalls möchte ich an dieser Stelle einmal vorsichtshalber festgehalten wissen: Ich habe überhaupt nichts dagegen, in die Nähe der Homosexualität gerückt zu werden, solange der Verdacht neutral, offen und aus ehrlichem Interesse geäußert wird. Mit diesen verschwiemelten und aus einer pathologischen Abwehrhaltung heraus geborenen, zutiefst homophoben Andeutungen will ich mich dagegen gar nicht erst befassen: „Federball“ – eine Frechheit! Badminton! Das kann doch wohl nicht so schwer sein?
Aber zum Glück ist Abhilfe in Sicht, falls Weißrusslands Lukaschenko doch irgendwann mal frei für neue Jobs wird. Dann könnte der unfreundliche ältere Herr anstatt jungen Enten zur Abwechslung mal alten Tennisspielern die Hälse abreißen – als Geschäftsführer im TiB, oder, besser noch, als Minister für Sport und Inneres. Es ist kein Zufall, dass dieses Ressort immer zusammenhängt: Sport und Inneres – die virilsten unter all den leeren Tröstungen vor der Machtlosigkeit gegenüber dem Äußeren. Und dann wird der Tuntensport Tennis endlich abgeschafft! ULI HANNEMANN