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Archiv-Artikel

Off-Kino Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Giulietta degli spiriti – Julia und die Geister“ (OmE) 16. 4. im Arsenal 1

Die meisten Woody-Allen-Filme habe ich mir im Alter von etwa fünfzehn oder sechzehn Jahren in den späten Siebzigern angesehen; kein Wunder also, dass man da vor allem die Sex-Witze im Kopf behält: Etwa, wenn Woody in „Bananas“ (1971) ganz verschämt ein Porno-Magazin erstehen will, der Verkäufer jedoch das Heft für alle Kunden gut sichtbar hochhält und zu seinem Kollegen quer durch den Laden brüllt: „Hey, was kostet ein ‚Orgasmus‘? Der Mann hier will einen ‚Orgasmus‘ kaufen!“ Oder, wenn Boris Gruschenko, der verhinderte russische Napoleon-Mörder, in „Die letzte Nacht des Boris Gruschenko“ (1975) einer Gräfin erklärt, warum er so ein grandioser Liebhaber ist: „Ich übe viel, wenn ich alleine bin.“ Oder wenn ihm Mariel Hemingway in „Manhattan“ verspricht, auch einmal jene Sexposition auszuprobieren, „an die sich bislang noch keine herangetraut hat“: „Moment, ich hole nur schnell meine Taucherbrille!“

Das klingt jetzt alles etwas pubertär, doch natürlich geht es in Allens Werk der 70er-Jahre, das im Mittelpunkt einer Filmreihe im Lichtblick-Kino steht, auch um die anderen bekannten Themen, die Allen seit Jahrzehnten in seinen Filmen beharrlich beharkt: Minderwertigkeitskomplexe und Tod, verkorkste Beziehungen und psychiatrische Sitzungen, Manhattan, Diane Keaton und Jazzmusik.

„Irma Vep“ (OmU), 15. 4. im Arsenal 2

Als Ergänzung zu der gerade laufenden Kriminal-Serial „Les vampires“ von Louis Feuillade zeigt das Arsenal die hübsche Film-im-Film-Geschichte „Irma Vep“ (1996) von Olivier Assayas: In einem Fernseh-Remake der „Vampire“, das der neurotische Nouvelle-Vague-Regisseur René Vidal (Jean-Pierre Léaud) inszeniert, übernimmt Hongkong-Schauspielerin Maggie Cheung die Rolle der faszinierenden Verbrecherin Irma Vep. Der Film folgt den Protagonisten zur Arbeit am Set, lässt sie über das Kino diskutieren und theoretisieren, blickt auf ihre verschiedenen Liebe- und Eifersüchteleien. Vor allem aber ist „Irma Vep“ eine Liebeserklärung an Maggie Cheung, die sich einfach selbst spielt und dabei ihr Image als starker, geheimnisvoller Actionstar reflektiert: Die Hongkongfilme, von denen ihre Kollegen in höchsten Tönen schwärmen, findet sie in der Regel viel zu dumm und gewalttätig – weshalb sie auch kaum versteht, was die Franzosen eigentlich von ihr wollen. Doch in ihrer Irritation, mit der sie sich über das europäische Filmset bewegt, findet sie genau jene traumwandlerische Ausstrahlung, die sich René Vidal für seine Irma Vep vorgestellt hat.

Federico Fellinis erster Farbfilm zeigt seine Frau Giulietta Masina auf einer Reise ins Land der Fantasien, Träume und psychiatrischen Sitzungen: „Giulietta degli spiriti“ (Julia und die Geister) erweist sich als eine Art „Otto e mezzo“ aus der weiblichen Perspektive. Ein Trip durch die Psyche einer Frau, der sich zu einem frühpsychedelischen Bilderbogen verdichtet und deutlich macht, dass Fellini gewisse Drogen nicht fremd waren.

„Bananas“ 15./16. 4., „Die letzte Nacht des Boris Gruschenko“ 17.–19.4., „Manhattan“ 17.–19. 4. im Lichtblick

LARS PENNING