: „Dann ändert ein Gesetz nichts“
VERANTWORTUNG Die Tierschutzorganisation Peta fordert ein eigenes Heimtierschutzgesetz. Michael Rockel ist Anwalt für Tierschutzrecht und will nicht im Gesetzbuch, sondern bei den Menschen ansetzen
■ 59, der Rechtsanwalt für Tierschutz ist in Bremen geboren, lebt aber schon lange in Hamburg. Er setzt sich ebenfalls für die Rechte von Tierhaltern ein. Das ist aufgrund der Gesetzeslage nicht immer ganz einfach. Er selbst ist Hundebesitzer – hält es aber für wichtig, dass auch andere beliebte Haustiere geschützt werden.
taz: Herr Rockel, haben Sie ein Haustier?
Michael Rockel: Ja, einen Hund.
Da haben Sie Glück, denn Hunde sind bereits per Gesetz geschützt. Gibt es noch andere Tiere, die per Gesetz geschützt sind?
Die Tiere sind erheblich mehr geschützt, als man vielleicht glaubt. Denken Sie zum Beispiel an das Artenschutzgesetz, das eine ganze Bandbreite von Tieren schon extrem gut schützt. Zum Beispiel Papageien, Schildkröten und andere Exoten.
Was bedeutet artgerechte Haltung?
Artgerechte Haltung gibt es nicht mal im Zoo. Wir können Haustiere nicht artgerecht halten, weil sie eben domestiziert sind. Es geht also darum, dass man den Tieren ein möglichst artgerechtes Leben ermöglicht, dass sie zumindest vor Missbrauch geschützt sind. Und das kann natürlich nur durch Gesetze erfolgen.
Halten Sie es für sinnvoll, ein umfangreicheres Gesetz einzuführen, wie es die Tierschützer von Peta fordern?
Wir haben ja schon einen erheblichen Schutz für Tiere und es darf nicht passieren, dass Gesetze kollidieren. Ich kenne die genauen Pläne zwar nicht, aber Peta plant möglicherweise ein Gesetzesmonstrum, das vielleicht sogar im Widerspruch stehen würde zu bestehenden Gesetzen. Ich bin kein Gegner, ich möchte nur warnen.
Wenn es schon gesetzlichen Tierschutz gibt, was ist dann das Problem?
Es gibt einfach ein Vollzugsdefizit, also nicht genügend Menschen, die die Einhaltung dieser Gesetze überprüfen.
Das ist bei Haustieren auch sehr schwierig, man kann ja nicht in die Wohnungen schneien.
Richtig. Die Verantwortung sollte hier schon im Vorwege erfolgen. Zum Beispiel in Form eines Hundeführerscheins. Aber wenn sich im Bereich der Schule und der Erziehung nichts ändert, wenn man es nicht schafft, das Bewusstsein des Menschen, angefangen bei den Kindern, zu ändern, dann wird sich durch ein Gesetz auch nichts ändern. Dann tut sich nichts!
Also doch kein Gesetz?
Doch, ein Gesetz muss es auch geben, sonst gibt es ja einen rechtsfreien Raum. Zum Beispiel gibt es ja ein Hundegesetz, aber nichts entsprechendes für Katzen. Das sollte es auf jeden Fall auch geben.
An welche Richtlinien halten Sie sich in so einem Fall?
Ich wende dann das Tierschutzgesetz auf das jeweilige Tier an. Für Papageien gibt es zumindest Richtlinien, an die ich mich aber halten kann.
Wo gibt es eigentlich den Hundeführerschein?
In Niedersachsen und Hamburg. Wobei es sich in Hamburg um eine „Befreiung von der Leinenpflicht“ handelt. Man macht mit seinem Hund diesen „Führerschein“, um zu beweisen, dass man seinen Hund auch ohne Leine führen kann. Kauft man sich einen neuen Hund, muss man einen neuen Schein machen. Und wenn Mutter, Vater und Kinder den Hund ausführen wollen, muss auch jeder von ihnen den Hundeführerschein machen.
Sollte man das bundesweit einführen?
Ich glaube nicht, dass es auf Bundesebene funktioniert, weil man sich seit Jahrzehnten noch nicht einigen konnte. Ich halte es aber für sinnvoll, weil ich sonst, wenn ich in Schleswig-Holstein wohne und in Bayern Urlaub mache, immer erst gucken muss, was darf ich da, was ist da anders.
Würde es Ihre Arbeit erleichtern, wenn Gesetzeslücken geschlossen würden?
Nein. Der Mensch wird immer etwas tun, was gegen ein Gesetz verstößt. INTERVIEW: FF