Mittelgroße Koalition in Sachsen-Anhalt

CDU und SPD haben sich in Magdeburg auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Der Kompromiss beim strittigsten Thema Bildung: SPD verhindert vorerst Studiengebühren, CDU setzt Erhalt des Schulsystems durch. Minister werden Dienstag bekannt gegeben

VON MICHAEL BARTSCH

Die CDU-SPD-Koalition in Sachsen-Anhalt ist besiegelt. Nach zehn Tagen einigten sich am Gründonnerstag die Verhandlungsführer Wolfgang Böhmer (CDU) und Jens Bullerjahn (SPD) auf die Eckpunkte eines Koalitionsvertrages. Das 60 Seiten starke Papier trägt den Titel „Sachsen-Anhalt – Land mit Zukunft“.

Die Beratungen über die Sachfragen seien abgeschlossen, offen sei nur noch die Verteilung der Ministerposten, teilten Sprecher beider Parteien mit. Ministerpräsident Böhmer ist es damit gelungen, ziemlich reibungslos den Koalitionspartner zu wechseln. Die Union hatte in Sachsen-Anhalt von 2002 bis zur Landtagswahl im März mit der FDP regiert.

Ihre Entscheidung über die Besetzung der weiterhin acht Landesministerien wollen die künftigen Koalitionspartner am Dienstag nach Ostern mitteilen. Der Zuschnitt der Ministerien soll im Wesentlichen unverändert bleiben. Böhmer und der designierte Finanzminister Bullerjahn sind von ihrer Verhandlungsdelegation beauftragt worden, über Ostern Personalvorschläge zu erarbeiten. Böhmer lobte den „immer sehr sachlichen und fairen Verlauf der Gespräche“. Bullerjahn, der Vizevorsitzende der Bundes-SPD werden soll, sprach von „unheimlich vielen Gemeinsamkeiten“.

Wie erwartet, zeigten sich die größten Differenzen in Bildungsfragen. Die SPD erreichte, dass Sachsen-Anhalt nicht als erstes Bundesland im Osten Studiengebühren einführen wird. Sollten die Universitäten allerdings vehement Geld einfordern oder in den Nachbarländern Studiengebühren kommen, soll erneut über diese Frage nachgedacht werden. Im Gegenzug gestand die SPD eine Beibehaltung der gegenwärtigen Schulstruktur bis 2011 zu und verzichtete auf ihr Projekt einer achtjährigen Allgemeinbildenden Oberschule für alle, wie sie in der DDR üblich war. Auch die Eignungstests für den Wechsel auf das Gymnasium nach der vierten Klasse sollen vorerst beibehalten werden.

Die Kreisgebietsreform und Zusammenschlüsse zu Einheitsgemeinden sollen vorangetrieben werden. Das Land steht bei 20,5 Prozent Arbeitslosigkeit außerdem vor schwierigen wirtschaftlichen Aufgaben. Erneut setzt sich mit der schwarz-roten Koalition eine Landesregierung das Ziel, bis zum Ende der Legislaturperiode 2011 ohne Neuverschuldung auszukommen. Der Schuldenberg des Landes ist auf fast 20 Milliarden Euro angewachsen.

Am 19. und 21. April sollen Landesparteitage dem Koalitionspapier zustimmen. Der neue Landtag kommt am 24. April erstmals zusammen. In ihm stellt die CDU, die Ende März auf 36,2 Prozent der Wählerstimmen kam, die größte Fraktion. Die SPD war mit 21,4 Prozent erneut hinter die Linkspartei.PDS zurückgefallen. Beobachter führen das schwache Ergebnis auch auf den Anbiederungskurs von Bullerjahn gegenüber der CDU zurück. Eine rechnerisch mögliche Regierungsbildung mit der Linkspartei unter einem Ministerpräsidenten Wulf Gallert hatte er von vornherein abgelehnt.