piwik no script img

Archiv-Artikel

Massud Barsani gewinnt die Wahlen klar

NORDIRAK Die Kurdische Demokratische Partei bleibt stärkste Kraft. Schwere Schlappe für den bisherigen Koalitionspartner von der PUK. Die neue Antikorruptionsliste Gorran kommt erstmals im Parlament

VON BEATE SEEL

BERLIN taz | In Erbil, der Hauptstadt Irakisch-Kurdistans, sind am Sonntag vier Autobomben in der Nähe des Hauptquartiers der regionalen Sicherheitskräfte explodiert. Wie die britische BBC berichtete, war anschließend Gewehrfeuer zu hören. Zwei Personen sollen getötet und acht weitere verletzt worden sein.

Aus dem Irak werden fast täglich Anschläge mit zahlreichen Toten gemeldet. Doch Erbil bildet bislang eine Ausnahme. Die Sicherheitslage gilt als gut, was ausländische Investitionen anzieht und für einen regionalen Boom gesorgt hat. Die Explosionen erfolgten, nachdem am Vortag Wahlergebnisse verkündet worden waren. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat.

In der autonomen Kurdenregion im Nordirak war am 21. September ein neues Parlament gewählt worden. Wie die Wahlkommission am Wochenende mitteilte, erhielt die Kurdische Demokratische Partei (KDP) von Regionalpräsident Massud Barsani mit Abstand am meisten Stimmen. Die Partei Gorran (Wandel), die vor allem den Kampf gegen die Korruption thematisierte, wurde zweitstärkste Kraft. Eine Niederlage musste die Patriotische Union Kurdistans (PUK) des irakischen Präsidenten Dschalal Talabani hinnehmen, der krank ist und seit Dezember in einem Krankenhaus in Deutschland liegen soll. In der Vergangenheit hatten die dominanten Parteien PUK und KDP zusammen regiert. Gorran ist erst seit 2009 im Parlament vertreten. Auch zwei islamistische Parteien konnten Sitze erringen.

Gorrans Aufstieg zur zweitstärksten politischen Kraft ist Ausdruck der Unzufriedenheit mit Korruption und schlechter Infrastruktur, vor allem in den von der PUK beherrschten Städten wie Suleimaniyah. So wurde Gorran auch 2006 von einem PUK-Gründer und Stellvertreter Talabanis ins Leben gerufen. Mit Beginn der arabischen Rebellion kam es auch in Irakisch-Kurdistan zu Demonstrationen, wobei 10 Personen getötet und rund 500 verletzt wurden.

Die jetzigen Wahlen sind ein wichtiges Stimmungsbarometer für die ersten Provinzwahlen seit acht Jahren, die im November stattfinden sollen. In regionaler Hinsicht wurde mit Barsani derjenige Kurdenführer gestärkt, der über gute Beziehungen zur türkischen Regierung verfügt. Und schließlich steht die mehrfach angekündigte und verschobene große Kurdenkonferenz noch bevor, an der Kurden aus dem Irak, Syrien, der Türkei und dem Iran teilnehmen werden.