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: Gar nichts geht mehr, aber Günter Grass, das geht immer

Wenn der Fußball so trübe und mausgrau daherkommt wie das Osterwochenende, dann hilft nur noch eins: die Literatur

Wenn nichts mehr geht, wenn Extitanen vom Ersatztorhüter k.o. geschossen werden, wenn die Bayern trotzdem schmucklos gewinnen und Verfolger HSV es ihnen gleich tut, wenn die 0:0s sich häufen, wenn die Welt trübe durchs Osterwochenende spaziert und auch der Fußball mausgrau daherkommt, dann hilft immer noch eins: ein gutes Buch.

Oder, weil mancher Fußballfan kaum mehr lesen kann als eine Tabelle, muss mitunter einer helfen, der früher mal ein gutes Buch geschrieben hat. Bei Günter Grass ist das so lange her, dass er den Nobelpreis dafür bekommen hat. Aber für ein flottes Interview ist er allemal noch gut. So eines gab er den Lübecker Nachrichten, lobte dort den Jürgen Klinsmann für seinen Mut und verglich die Situation eines Bundestrainers mit der des Großschriftstellers: „Ich bin auch oft ins Kreuzfeuer der Kritik geraten.“ Ja, und weiß man ungekehrt nicht auch spätestens seit den Brandreden von Trapattoni und Völler, wie viel Poesie im Fußballlehrer stecken kann?

Doch was wäre Literatur, wäre sie nicht wahrhaftig, spräche sie nicht von Zeit zu Zeit große Gedanken gelassen aus. Also sprach Günter Grass, was ihn am Manager des FC Bayern München stört: „Diese Großkotzigkeit stört mich bei Hoeneß.“ Nördlich der Donau hat man das vernommen und nimmt nun gern wieder ein Buch in die Hand, selbst wenn es „Der Butt“ heißt und trotzdem nichts zu erzählen weiß von einem gewissen Torhüter.

Andernorts ist man nicht so anspruchsvoll, was den literarischen Anspruch der Aussagen betrifft. Michael A. Roth, Präsident des 1. FC Nürnberg und beileibe nicht bekannt als Größe, weder körperlicher noch geistiger Natur, sprach trotzdem einen Satz, der den Anhängern seines Clubs wie Poesie in den Ohren klang. In seinem schlichten, fast schon Haiku-artigem „Ich gehe davon aus, dass er bleibt“, liegt eine große Verheißung: dass Hans Meyer auch im kommenden Jahr den 1. FCN trainieren möge. THOMAS WINKLER