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Archiv-Artikel

Nachwuchs für die Naturschützer

Das Freiwillige Ökologische Jahr wird immer beliebter: Rund 2.000 Berliner bewarben sich im letzten Jahr auf die 200 Stellen. Gearbeitet wird nicht nur im Grünen: Es gibt auch Jobs im PR-Bereich

VON JÖRG BRAUSE

Störche zählen oder in Biotopen bedrohte Pflanzen hegen – das ist längst nicht mehr alles, was das das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) zu bieten hat. Mitarbeiten können junge Erwachsene bis zum 26. Lebensjahr auch in der Öffentlichkeitsarbeit von Verbänden, im technischen Umweltschutz oder in Unternehmen der Ökobranche. Dabei ist das FÖJ gefragter denn je: 2005 bewarben sich allein in Berlin zum jährlich im September beginnenden Ökojahr rund 2.000 junge Männer und Frauen für die 200 Plätze.

Mona Becker hatte Glück: Sie bekam im vergangenen Jahr eine Stelle. Die 19-Jährige wollte nach der Schule etwas Neues ausprobieren, bevor sie studiert. Vom FÖJ hatte sie schon gehört, wusste aber nicht, welche Möglichkeiten sich hinter dem Kürzel verbergen. Sie stellte sich vor, im Grünen zu arbeiten – am liebsten auf einem Biobauernhof oder in einer Gärtnerei.

Statt Ställe auszumisten engagiert sich Mona Becker nun im Weltladen Baobab in Prenzlauer Berg für fairen Handel. Das Geschäft hat sich seinen Namen von einem afrikanischen Brotbaum geliehen. „Mit meiner FÖJ-Betreuerin habe ich überlegt, welche Arbeit meinen Fähigkeiten und Interessen entspricht. Das Baobab wünschte sich jemanden, der selbstständig arbeitet und an Schulen mit Schülern kleine Weltläden aufbaut, in denen fair gehandelte Produkte verkauft werden. Das gefiel mir“, erzählt sie. An ihrer Arbeit gefällt ihr besonders, dass sie eigene Ideen einbringen kann.

Neben den Schulprojekten verkauft Mona Becker im Laden Waren, organisiert deren Einkauf mit und bereitet Informationsveranstaltungen vor – „natürlich gibt es auch viele Aufgaben, die kein FÖJ-Teilnehmer gerne macht: putzen, einkaufen gehen und andere Hilfstätigkeiten“.

Während ihres einjährigen Engagements betreut die Stiftung Naturschutz Berlin Mona Becker als eine von 160 Jugendlichen. Die Stiftung ist einer von drei Trägern des FÖJ, die andern beiden sind das Jugendaufbauwerk Ost und der Vereinigung Junger Freiwilliger. Über die Organisationen laufen die Bewerbung und die Vergabe der Arbeitsplätze. Außerdem veranstalten sie ökologische Weiterbildungsseminare für alle Teilnehmer. Allein bei der Stiftung Naturschutz bewarben sich 2005 1.100 Jugendliche auf 160 Plätze, 60 davon sind anerkannten Kriegsdienstverweigerern vorbehalten. Seit 2002 kann der Zivildienst auch als FÖJ abgeleistet werden.

„Viele Bewerber wissen erst mal nicht, was sie genau machen möchten“, sagt Bernd Kuhlmann, der bei der Stiftung Projektleiter ist. „1994, als wir das FÖJ erstmals angeboten haben, war das noch anders. Damals stand bei den Bewerbern das Engagement für den Erhalt der Umwelt im Vordergrund.“ Inzwischen mache sich die schwierige Lage auf dem Lehrstellenmarkt bemerkbar. „Statt nichts zu tun, möchten die Jugendlichen ihre Zeit bis zur Ausbildung sinnvoll überbrücken. Einige schauen sich auch bei uns um, ob ihnen eine Arbeit in der grünen Branche zusagt“, berichtet Kuhlmann.

Das entspricht auch der Zielsetzung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die das FÖJ aus eigenen Mitteln sowie mit EU-Geldern und Zuschüssen vom Bund finanziert. Zuständig dafür ist Karin Nohl, die als eine der wichtigsten Aufgaben des FÖJ die Förderung von benachteiligten Schülern nennt. „Abiturienten bewerben sich sowieso. Deshalb versuchen wir, Jugendliche in Haupt- und Realschulen für das FÖJ zu begeistern und mit ihnen 40 Prozent der Plätze zu besetzen.“ Von den 200 Berliner FÖJ-Stellen bleiben rund 25 bei der Stiftung Naturschutz für Migranten reserviert.

Über das FÖJ kann es Jugendlichen auch gelingen, aus der Warteschleife zwischen Schulabschluss und Ausbildungsbeginn herauszukommen. Die ersten Schritte in die Selbstständigkeit ermöglichen ihnen 355 Euro Vergütung im Monat. Die Kosten für die Sozialversicherung übernimmt der Träger. Auch das Kindergeld wird weiter gezahlt.

Große Sprünge kann man davon zwar nicht machen. Jörn Fliege reicht das aber erst mal für eine eigene Wohnung. Der 19-Jährige, der sich selbst nie als „Ökofreak“ sah, rechnete auch damit, sein Umweltjahr in der Natur abzuleisten. Stattdessen vermittelte ihn JAO auf eine Stelle bei Sunbeam. Die Agentur für PR arbeitet zum Beispiel für den Bundesverband Solarwirtschaft. Hier kann Jörn Fliege sein EDV-Wissen einbringen. Zudem vermittelt ihm die Firma Kenntnisse in Grafikprogrammen, die er für sein geplantes Studium des Kommunikationsdesigns gebrauchen kann. „In meine Bewerbungsmappe kann ich dann Arbeiten legen, die ich hier erstellt habe“, sagt Fliege.

Was macht ihm besonders Spaß an seiner Arbeit? „Wie ein Maler ein Bild malt, so kann ich hier einen Gedanken in ein Produkt umsetzen“, sagt der 19-Jährige. Für JAO programmierte er zum Beispiel eine neue Homepage – mit ganz viel Grün.

Informationen unter www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt