: Buhlen um den Nachwuchs
Am Wochenende wird das türkische Kinderfest 23. Nisan in Berlin gefeiert – gleich an zwei verschiedenen Orten
Ein Geschenk Kemal Atatürks an die Kinder der neu gegründeten Republik Türkei sollte er sein – der Kinderfeiertag am 23. April, auf Türkisch: 23. Nisan. Zum 14. Mal wird dieses Fest am Wochenende auch in Berlin gefeiert, zum vierten Mal an zwei verschiedenen Orten. Mit drei Bühnen, VIP-Zelt und Themenpark sowie Stars mittlerer Güte wie der Grandprix-Gewinnerin des vergangenen Jahres, Ruslana, lockt der „23. Nisan-Megaevent“ an der Straße des 17. Juni. Rund 700.000 Gäste kamen im vergangenen Jahr.
Etwas bescheidener, aber nicht weniger abwechslungsreich präsentiert sich das Kinderfest im Volkspark Schöneberg. Es wird von gut 50 Vereinen türkischstämmiger Berliner organisiert oder unterstützt, darunter dem Türkischen Bund Berlin (TBB), der Türkischen Gemeinde und der islamischen Organisation Ditib. Dort gibt es zwar keine Grandprix-Gewinner zu sehen, dafür aber einen Malwettbewerb, einen Kindermarathon und ein Fußballturnier.
„Bei uns sind die Kinder die Stars“, sagt Ali Yildirim, der das Fest in Schöneberg mitorganisiert. Der Geschäftsführer und Chefredakteur des deutsch-türkischen Fernsehsenders Aypa TV war vor zwei Jahren ins Organisationskomitee eingetreten, um die konkurrierenden Veranstalter wieder – wie vor 2003 – zusammenzubringen. Gelungen ist ihm das bislang nicht.
Auch das Fest auf der Straße des 17. Juni wird von einem Verein türkischer Migranten organisiert: der Eata, die European Association of Turkish Academics. „Deutschlands größtes Familienevent“ nennt sich das „Mega-Fest“ in seinen Pressemitteilungen, auf den Internetseiten präsentiert es sich vor allem als Werbegelegenheit für Firmen.
Das genau kritisieren die Veranstalter des Konkurrenz-Kinderfestes: Das Fest auf der Straße des 17. Juni sei eine rein gewinnorientierte Veranstaltung, so Ali Yildirim. Das sei auch der Grund dafür, warum der türkische Generalkonsul nur noch das kleinere Fest im Schöneberger Volkspark unterstütze.
Ertugrul Uzun von der Eata sieht in den zwei Kinderfesten keine Konkurrenz: Das eine sei mehr ein Kiezfest für überwiegend türkisches Publikum, das seiner Organisation sei mehr international: „Ich verstehe das Problem nicht. Es gibt ja noch andere Kinderfeste – warum sollte man die zusammenlegen?“
Auch das Fest im Schöneberger Volkspark ist längst ein internationales geworden. Unterstützung kommt außer von türkischen Vereinen vom Jüdischen Kulturverein sowie von polnischen, asiatischen oder arabischen Organisationen.
Scharfe Kritik am Kinderfesttag 23. Nisan kommt in diesem Jahr von kurdischen Organisationen. Zum Boykott dieses Tages, der ein „Symbol des rassistisch-chauvinistischen und antidemokratischen Systems“ der Türkei sei, rufen kurdische Vereine auf, darunter die Organisation Komkar und der Verein Kurdische Frauen im Exil.
Ali Yildirim ficht das nicht an: Es sei auffällig, dass dieser Protest in diesem Jahr zum ersten Mal und zeitgleich mit Angriffen vermummter Randalierer auf türkische Geschäfte in Berlin stattfände. Er ist stolz, dass in diesem Jahr zum ersten Mal der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit die Schirmherrschaft nur für das Fest in Schöneberg und nicht, wie im vergangenen Jahr, für die Konkurrenz gleich mit übernommen hat. Die Veranstalter des Großevents auf dem 17. Juni haben laut Senatskanzlei aber schlicht und einfach nicht angefragt. Alke Wierth
Programme unter www.internationales-kinderfest.de, www.23nisan.de/