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Archiv-Artikel

US-Kommandos greifen Islamisten an

AFRIKA In Libyen fangen US-Spezialeinheiten ein lange gesuchtes Führungsmitglied von al-Qaida. In Somalia hingegen entkommt ein Al-Shabaab-Kommandant, der sich zum jüngsten Attentat in Kenia bekannt hatte

Seit 12 Jahren machen die US-Behörden weltweit Jagd auf die Al-Qaida-Führung

VON MIRCO KEILBERTH

BERLIN taz | Sondereinheiten des US-amerikanischen Militärs sind am Wochenende in zwei afrikanischen Staaten gegen mutmaßliche islamistische Terroristen vorgegangen: In Libyen nahmen sie einen Al-Qaida-Führer fest. In Somalia hingegen scheiterte der Versuch, einen Anführer der Al-Shabaab-Milizen zu fangen.

Die US-Aktion kam zwei Wochen, nachdem Al-Shabaab-Anhänger ein Einkaufzentrum im ostafrikanischen Kenia gestürmt hatten, etwa 70 Menschen starben bei dem Anschlag.

Damit waren in Libyen erstmals seit der Nato-Intervention vor zwei Jahren wieder US-Soldaten im Einsatz. Das „Delta“-Sonderkommando überwältigte Nazih Abd al-Hamid – auch bekannt als Anas al-Libi – am Samstagmorgen in einem Außenbezirk der Hauptstadt Tripolis. Offiziellen US-Angaben zufolge brachten die Amerikaner den 49-Jährigen Libyer an einen unbekannten Ort außerhalb des nordafrikanischen Landes. Es ist unklar, ob er bei der Aktion verletzt oder getötet wurde.

Die amerikanische Regierung hatte al-Libi schon lange im Visier: Sie wirft ihm vor, die Bombenanschläge auf die US-Botschaften in Kenia und in Tansania im August 1998 mit vorbereitet zu haben. 200 Menschen kamen dabei in den beiden ostafrikanischen Staaten ums Leben, über 5.000 wurden verletzt. Das FBI hatte ein Kopfgeld von 5 Millionen Dollar auf al-Libi ausgesetzt, seit Frühjahr 2000 wurde er von einem US-Gericht steckbrieflich gesucht.

Seit 12 Jahren machen die US-Behörden weltweit Jagd auf die Al-Qaida-Führungsschicht der ersten Stunde. Der Überraschungsangriff in Tripolis ist nach dem Tod von Osama bin Laden 2011 wohl einer ihrer größten Erfolge. Computerspezialist al-Libi war Mitbegründer der Libyschen Islamischen Kampfgruppe, die gegen das Gaddafi-Regime in Libyen kämpfte, und gleichzeitig enger Vertrauter von Bin Laden im seinem sudanesischen Exil. Sein Bruder Nabih sagte libyschen Reportern kurz nach dessen Verschwinden, dass al-Libi bei der Rückkehr aus der Moschee vor seinem Haus von drei Geländewagen eingekreist und von „ausländisch aussehenden“ maskierten Männern überwältigt wurde. Die US-Regierung bestätigte in Washington den Einsatz von Spezialeinheiten in Libyen und Somalia.

Im somalischen Küstenort Barawe hatten Taucher der US-Eliteeinheit „Navy Seals“ am selben Tag versucht, das Haus von Ahmed Godane zu stürmen. Der Al-Shabaab-Kommandant hatte sich öffentlich zu dem Angriff auf das Einkaufszentrum in Nairobi vom September bekannt. Ein Sprecher der Gruppierung erklärte am Wochenende, man habe die Amerikaner vertrieben: „Sie sind zurück über das Meer geflohen, nur einer unserer Kämpfer wurde zum Märtyrer.“ Ein US-Regierungsvertreter bestätigte, Ziel sei ein Al-Shabaab-Führer gewesen, der aber weder gefasst noch getötet worden sei.

Inwieweit die libysche Regierung über die US-Militäraktion informiert war, ist unklar: Die Politiker in Tripolis erklärten am Sonntag, sie hätten nichts gewusst und seien auch nicht an der Entführung al-Libis beteiligt gewesen. US-Pressesprecher George Little nannte die Verhaftung hingegen „rechtlich einwandfrei“ und lobte die Kooperation mit den libyschen Behörden. Libyens Öffentlichkeit reagiert verhalten auf die US-Aktion: In sozialen Netzwerken lehnt die Mehrheit die eigenmächtigen Aktionen islamistischer Milizen ab. Viele Libyer fürchten weitere ausländische Interventionen und Vergeltungsschläge radikaler Milizen wie Ansar al-Scharia.