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Archiv-Artikel

Live fast, play slow, die young

Die wortkargen schottischen Ambient-Rocker „Mogwai“ zelebrieren am Dienstag im Grünspan unnachahmlich den Kontrast zwischen leiser Melancholie und gewaltiger Klangwand

Dienstag, 20 Uhr, Grünspan, Große Freiheit 58

Wenn die aus Glasgow stammenden Ambient-Rocker „Mogwai“ am Dienstagabend die Bühne des Grünspan erklimmen, ist selbst für Hartgesottene der Einsatz von leistungsfähigem Ohrschutz zu empfehlen. Denn die fünf jungen Schotten durchmessen mit ihrem schwermütigen Sound das gesamte Spektrum des sinnlich Wahrnehmbaren. Vom nahezu Unhörbaren bis zum, nun ja, nahezu Unhörbaren. Dafür lassen sich sich bisweilen eine halbe Ewigkeit Zeit und schichten barfüßig Klangwand über Klangwand über Klangwand – darin den isländischen Falsett-Gesang-Heroen „Sigur Rós“ nicht unähnlich. Anders als die Band von der eisigen Insel verzichten die Schotten dabei aber überwiegend auf Gesang und verlassen sich vollständig auf den unverwechselbaren Sound der Band – der von zwei Bühnenmischern beständig an die absolute Schmerzgrenze getrieben wird. Als „New Wave of New Wave of New Wave-Punk“ hat Gitarrist John Cummings den Stil der Band einmal beschrieben.

„Mogwai“ haben damit unbestritten etwas Neues entdeckt – oder etwas Zeitlosem eine neue Form gegeben. Ex-„Pavement“-Mastermind Stephen Malkmus hat sie als „die Band für das 21. Jahrhundert“ bezeichnet und auch Robert Smith von „The Cure“ fühlt eine große Affinität zum grazilen Krach der fünf jungen Schotten: Sie hätten einen „Spirit“, der dem seinen sehr ähnlich sei.

Die Geschichte von „Mogwai“ beginnt Mitte der 90er Jahre, als Stuart Braithwraite, Dominic Aitchison und Martin Bulloch ihre alten Bands verlassen und beschließen, „seriöse Gitarrenmusik“ zu machen. Ende 1996 kommt John Cummings zur Band und man beginnt, auf dem schottischen Indie-Label „Chemikal Underground Records“ erste Split-Platten zu veröffentlichen und taucht auf diversen Compilations auf – 1997 werden die ersten musikalischen Gehversuche auf dem Debut „Ten Rapid“ versammelt. Im selben Jahr nehmen „Mogwai“ – an Klavier und Gitarre verstärkt durch Brendan O‘Hare, der vorher bei „Teenage Fanclub“ spielte – ihr erstes Studio-Album „Mogwai Young Team“ auf und erregen mit ihrem eigenwilligen Sound erstmals gehöriges Aufsehen. Immerhin 35-tausendmal hat sich ihr Erstling bis heute verkauft.

Ein Jahr später gibt es mit „Kicking A Dead Pig“ bereits ein „Mogwai“-Remix-Album – unter anderem mit Remixen von Alec Empire, Kid Loco und „Arab Strap“. 1999 erscheint das zweite Studio-Album „Come On Die Young“, auf dem sie ihren Stil konsequent weiterentwickeln. „Mogwai“ trennen sich daraufhin von „Chemikal Underground“ und veröffentlichen 2001 auf dem Kleinstlabel „Southpaw Records“ ihren dritten Longplayer „Rock Action“. Zwei Jahre später folgt „Happy Songs For Happy People“ auf dem eigenen Label „Rock Action“ – deutlich mehr Elektronik ist nun zu hören. Dennoch bleibt der Sound unverkennbar: „Mogwai“. Anfang letzten Jahres erscheint mit „Government Commissions – BBC Sessions 1996–2003“ ein besonderer Rückblick auf die neunjährige Bandgeschichte und Anfang dieses Jahres haben „Mogwai“ mit „Mr. Beast“ ihr fünftes Studio-Album veröffentlicht.

Nebenbei üben sich die fanatischen Celtic-Glasgow-Anhänger übrigens als Filmmusiker: für ein Biopic über den französischen Fußballspieler Zinedine Zidane: „Zidane: A 21st Century Portrait“. ROBERT MATTHIES