: Auf die Mannschaft gepfiffen
Die Fans von Borussia Mönchengladbach sind sauer: Nach dem 2:2 gegen Hertha BSC Berlin endet die Saison endgültig im Mittelmaß. Auch Trainer Horst Köppel hat keine Lust mehr, die ewig gleichen Fragen zu beantworten
MÖNCHENGLADBACH taz ■ Der Anzug mit Klubemblem und Krawatte in Vereinsfarben sind dem internationalen Fußballdresscode folgend etwas für große Ausflüge in den europäischen Wettbewerb. In Mönchengladbach jedoch tragen Klubmitarbeiter, verletzte Spieler und selbst einige Herren vom Ordnungsdienst diese Kleidung an jedem beliebigen Bundesliga-spieltag – man kann daran den Selbstanspruch ablesen, den die Borussia stellt. Nach dem 2:2 gegen Hertha BSC Berlin beginnen sie diesen Anspruch allerdings langsam zu verfluchen. „Wir hatten in der Hinrunde 25 Punkte, das hat gewisse Erwartungen geweckt“, sagte Gladbachs Manager Peter Pander. Obwohl das ursprüngliche Saisonziel, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben, erreicht ist, pfiffen die Zuschauer ihre Mannschaft während und nach der Partie heftig aus .
Denn in der Rückrundentabelle ist man mittlerweile Vorletzter, und das Niveau der Spiele ist dieser Statistik angemessen. Nico Kovac meinte: „Die wussten gar nicht, wie ihnen geschieht“. Dennoch empfand er es als „sehr extrem“, wie das Publikum reagierte, denn immerhin waren die Mönchengladbacher zweimal in Führung gegangen. Das Spiel machte das aber nicht besser. „Im Gegensatz zu uns haben die den Ball laufen lassen anstatt selber zu laufen“, meinte Marcell Jansen. Das Offensivspiel sei das größte Problem, „wir gewinnen keine Eins-gegen-Eins-Duelle, es kommen kaum Flanken, das ist einfach zu wenig“.
Borussia Mönchengladbach ist in diesem Frühjahr eine Mannschaft der Formsucher. Peer Kluge, Zé Antonio, Oliver Neuville, Milan Fukal, Hassan El Fakiri, Marcell Jansen, sie alle sind nach der starken ersten Saisonhälfte nur noch Schatten ihrer selbst. Einzig Kasey Keller spielte richtig stark, und er wagte dann auch eine deutliche Kritik an seinen Mitspielern. „Mit Leidenschaft aber ohne Hirn zu spielen, ist fast so dumm, als würde man ganz ohne Leidenschaft spielen“, sagte der Amerikaner. „Wir haben uns den Arsch aufgerissen aber einfach auf die falsche Art und Weise“.
Das Verhalten der Fans, die riefen „Wir wollen Euch kämpfen sehen“, fand er dennoch „sehr enttäuschend“. Defensivspezialist Jeff Strasser, der bei seiner Einwechslung für den Mittelfeldspieler Robert Fleßers mit einem schrillen Pfeifkonzert empfangen wurde, sitze immer noch völlig niedergeschlagen in der Kabine, erzählte Keller eine Stunde nach Abpfiff. Dabei hatten die Pfiffe nicht allein Strasser gegolten, auch der Trainer war gemeint, weil sein Wechsel nach einer Stunde als defensives Signal verstanden worden war und die Sehnsucht nach ansehnlichem Offensivfußball immer größer wird. Zumal man aufgrund der sicheren Tabellensituation riskant, frei und freudvoll aufspielen könnte.
Weil das einfach nicht gelingen mag, schwelt die ewige Trainerdiskussion immer weiter in Mönchengladbach. Horst Köppel ist längst genervt, jede Woche über dieses Thema sprechen zu müssen. Er sagte: „Ich bin hier Trainer, und ich bleibe Trainer. Ich habe einen Zweijahresvertrag, und das Präsidium hat mir bestätigt, dass ich Trainer bleibe und auch die nächste Saison anfange.“ Manager Peter Pander hingegen spielte das Spiel des wackelnden Trainerstuhls weiter. „Wir sind eine der schlechtesten Rückrundenmannschaften, ich will damit jetzt nichts aufmachen Richtung Trainer, aber das sind Fakten“, sagte er. Die Zeit für eine tiefere Analyse komme noch. „Wir brauchen heute noch nicht über die gesamte Saison reden, wir haben noch drei Spiele vor uns, in denen wir die Chance haben, etwas zu machen“, erklärte Pander. Offenbar kann auch er die Ursachen des schlechten Gladbacher Fußballs noch nicht in aller Klarheit erkennen.
DANIEL THEWELEIT