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Archiv-Artikel

SPD entdeckt Solidarität wieder

Die Bürgerschaftsfraktion möchte einen „nationalen Entschuldungsfonds“, um die klammen Bundesländer zu entlasten, und geht damit auf Konfrontationskurs zum Koalitionspartner CDU

Mit „aktiver Außenpolitik“ und „neuen Allianzen“ hofft die SPD, die dramatisch steigenden Zinslasten des Bremer Landeshaushalts in den Griff zu bekommen. Auf einer dreitägigen Klausurtagung in Lüneburg sprach sich die SPD-Bürgerschaftsfraktion für die Einrichtung eines „nationalen Entschuldungsfonds“ aus. Dies erklärte am Samstag Fraktionschef Carsten Sieling.

Die Schuldenlasten der elf Bundesländer ohne verfassungskonformen Haushalt – die also Kredite für die laufenden Ausgaben aufnehmen müssen – sollen in diesen Fonds überführt und schrittweise abgebaut werden. Dies biete die Chance, „in solidarischer Weise und dem bündischen Prinzip entsprechend“ die finanzielle Handlungsfähigkeit der Länder wiederherzustellen, sagte Sieling. Die Struktur des Fonds soll sich an der des „Fonds Deutsche Einheit“ orientieren. Dieser war 1990 zweckgebunden zur Abschmelzung der Haushaltsdefizite der neuen Bundesländer eingerichtet worden und umfasste umgerechnet rund 84 Milliarden Euro. Woraus sich dieser Fonds finanzieren lässt, das müsse „sicherlich diskutiert werden“, fand Sieling. Als Zahler kämen unter anderem der Bund sowie die bisherigen Geberländer des Länderfinanzausgleichs in Frage.

Der nun propagierte Schulterschluss mit den übrigen Pleite-Ländern steht im Zusammenhang mit dem in Kürze erwarteten Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das Land Berlin, das sich in einer ähnlich miserablen Lage wie Bremen befindet, klagt derzeit auf weitere Finanzierungshilfen von Bund und Ländern. Sollte Berlin in Karlsruhe Recht bekommen, könnte nicht nur Bremen, sondern auch die übrigen Haushaltsnotlagen-Länder daraus Ansprüche ableiten, so Sieling. Dies jedoch würde die Bremer Verhandlungsposition schwächen und den Widerstand bei den Geberländern erhöhen.

Das jetzt vorgelegte Konzept dürfte für Belastungen innerhalb der Großen Koalition sorgen, denn es widerspricht den CDU-Vorschlägen zur Haushaltskonsolidierung erheblich. Die Christdemokraten hatten sich mehrfach für eine Kopplung der Steuerverteilung an die Wirtschaftskraft der Bundesländer ausgesprochen. Ein solches Modell würde eine Senkung der Belastungen der Geberländer bedeuten und wird daher von den zahlungskräftigen süddeutschen Bundesländern favorisiert. Bremen würde durch seine im Vergleich mit Flächenländern hohe Wirtschaftsleistung von diesem Ansatz profitieren, strukturschwache Bundesländer, vor allem in Ostdeutschland, hätten jedoch Verluste im Finanzausgleich zu verzeichnen.

Darüber hinaus einigte sich die Fraktion auf eine Reform der Wirtschaftsförderungspolitik. Künftig sollen die bisher separaten Bereiche Wirtschafts- und Arbeitsmarktförderung verknüpft und „einheitlich vermarktet“ werden. Dadurch werde die Inanspruchnahme der Angebote durch die Wirtschaft begünstigt, so ein Positionspapier der Fraktion. Künftig wolle man weitgehend auf die Zahlung von Zuschüssen verzichten, Subventionen sollen vor allem in Form zinsgünstiger Darlehen gewährt werden. So sinke die finanzielle Belastung für den Landeshaushalt bei einer gleichzeitigen Steigerung der Förderungseffizienz, erklärte Sieling. C. Jakob