: Zweifel in zweiter Instanz
BRENNENDE AUTOS In der Berufungsverhandlung gegen eine 22-Jährige zeigen die Zeugen große Erinnerungslücken. Verteidigung glaubt an erneuten Freispruch
Mit den Zeugenvernehmungen begann am Mittwoch der Berufungsprozess gegen die der Autobrandstiftung beschuldigte Alexandra R. Nachdem das Verfahren im November in erster Instanz mit dem Freispruch der damals 21-Jährigen ausgegangen war, hatte die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt.
„Das Gericht hat durchgreifende Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten“, zitierte der Vorsitzende Richter der Kleinen Strafkammer am Landgericht zur Eröffnung aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom November. Und dem Gericht gelang es auch am ersten Prozesstag des Berufungsverfahrens nicht, die Widersprüche aus der ersten Instanz aufzulösen.
Zentraler Zeuge ist nach wie vor der Polizist Sch., der die Angeklagte in der Tatnacht in einem Spätkauf festnahm. Auf der Streifefahrt mit einer Kollegin, so sagte er aus, habe er eine Person nahe einem gerade in Brand gesteckten Auto beobachtet und die später festgenommene R. als die zuvor beobachtete Person identifiziert. Doch zwischen Beobachtung und Festnahme lagen mehrere Minuten, in denen Sch. und seine Kollegin die Person aus den Augen verloren hatten.
Die Frage, ob die zunächst beobachtete Person tatsächlich die später festgenommene Alexandra R. ist, stand schon in der ersten Instanz im Mittelpunkt. Daher fragte das Gericht am Mittwoch vor allem nach Details: An welchem Reifen sah der Polizist einen Feuerschein? Trug die beobachtete Person eine Brille? Was passierte mit dem Basecap?
Viele Details vergessen
Doch die Fragen von Vorsitzendem Richter, Staatsanwältin und den beiden Anwältinnen liefen häufig ins Leere: Der Tattag ist mittlerweile fast ein Jahr her; die beiden Polizisten, die als Zeugen vernommen werden, können sich auch an Details nicht mehr erinnern, die sie bei ihrer ersten Aussage noch zu Protokoll gegeben hatten. Und was in der ersten Instanz nicht geklärt wurde, lässt sich jetzt kaum noch erhellen – etwa die Sache mit dem Basecap.
Der befragte Polizist gab an, sowohl bei der am Auto beobachteten Person als auch bei der später festgenommenen R. ein Basecap auf dem Kopf gesehen zu haben. In welche Richtung die Kappe zeigte, konnte jedoch weder er noch seine Kollegin sagen. Auf der Liste der beschlagnahmten Gegenstände tauchen zwar Kleidungsstücke und Tascheninhalt, nicht aber die Kappe auf. Auch ob die am Auto beobachtete Person eine Brille trug, vermochte der Polizeibeamte nicht anzugeben.
Ein weiterer Widerspruch: Bei der Vernehmung des Polizisten Sch., so zitierte der Richter, habe dieser angegeben, einen männlichen Jugendlichen am Auto beobachtet zu haben. „Und dann sprechen Sie die Person im Spätkauf an, und da schaut Sie Frau R. an. Das ist doch ein Zwiespalt.“
Anwältin Martina Arndt zeigte sich am Rande des Prozesses optimistisch: Objektive Beweismittel wie DNA-Spuren gebe es nicht, die Anklage baue allein auf der Zeugenaussage des Polizisten auf. Und die sei weiterhin nicht tragfähig für eine Verurteilung.
Der Prozess wird Mitte Mai fortgesetzt. SVENJA BERGT