: Die Islamisten sind noch da
MALI Der Anschlag auf eine Brücke bei der Stadt Gao zeigt, dass die bewaffneten Gruppen noch nicht aus dem Norden des Landes vertrieben sind. Dort ist die Lage angespannt
VON KATRIN GÄNSLER
COTONOU taz | Anhänger der Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika (Mujao) wollten für ihren jüngsten Anschlag offenbar eine strategisch wichtige Verbindung wählen – die neue Nigerbrücke nahe der Stadt Gao, die Mali mit dem Nachbarland Niger verbindet. Ganz geglückt ist das den Islamisten am Dienstag aber anscheinend doch nicht. Laut einem Bericht von Jeune Afrique unter Berufung auf einen malischen Polizeisprecher wurde die Brücke nur leicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Schlimmer getroffen hat es offenbar aber eine ältere Flussüberquerung, die stark beschädigt worden sein soll.
Trotzdem haben die Islamisten mit ihrem jüngsten Anschlag eins geschafft: Sie haben deutlich gemacht, dass sie längst nicht aus dem riesigen und dünn besiedelten Norden des westafrikanischen Landes vertrieben worden sind. Dabei hatte der französische Staatschef François Hollande dies noch vor knapp vier Wochen in der Hauptstadt Bamako gesagt: „Wir haben den Krieg gewonnen und die Terroristen vertrieben.“ Er verkündete dies am 19. September während der Amtseinführung des neuen malischen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta. Der Tag sollte den Neuanfang des krisengebeutelten Landes markieren, das nach dem Staatsstreich im März 2012 teilweise von verschiedenen islamistischen Gruppierungen besetzt worden war.
Doch mittlerweile gilt die Lage im Norden als so angespannt wie schon seit Monaten nicht mehr. Bereits vor dem Anschlag auf die Brücke bei Gao berichteten Augenzeugen, dass Granaten in die Stadt geschafft worden seien. Laut der Zeitung L’Indicateur du Renouveau hatte es schon am Wochenende verschärfte Sicherheitskontrollen rund um den wichtigsten Handelsstützpunkt im Norden Malis gegeben. Vorsichtshalber durften auch Fischerboote nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr auf den Fluss hinaus.
Dabei galt Gao in den vergangenen Monaten im Gegensatz zu den anderen Städten im Norden als recht stabil. In der Stadt Timbuktu war es bereits vor gut einer Woche zu einem Selbstmordanschlag gekommen, zu dem sich die Al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQMI) bekannt hatte. In Kidal tobten außerdem Kämpfe zwischen malischer Armee und Unterstützern der Befreiungsbewegung von Azawad (MNLA). Kidal ist die letzte Hochburg der Touareg-Rebellen, die immer wieder ein eigenständigen Staat Azawad, zumindest aber eine Teilautonomie von der Regierung in der Hauptstadt Bamako gefordert hatten.
Allerdings hatte es in Gao in den vergangenen Monaten immer wieder Gerüchte darüber gegeben, dass sich trotz französischer Militärintervention und Minusma-Truppen, der UN-Blauhelmmission für Mali, durchaus noch Islamisten in der Stadt versteckt halten und, anders als gerne offiziell verkündet, längst nicht alle vertrieben sind. Sie sollen der Mujao angehören, die Gao bereits bis Ende Januar dieses Jahres besetzt hatte und als eine Untergruppe von AQMI gilt. Die Mujao soll auch Kämpfer von anderen islamistischen Gruppierungen wie etwa Boko Haram aus Nigeria rekrutiert haben.
Sollte es zu weiteren Anschlägen kommen, dann könnte das auch die Vorbereitungen für die Parlamentswahlen behindern. Diese sind für den 24. November geplant und gelten als wichtig, um die Phase der Übergangszeit in Mali tatsächlich zu beenden.